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Beschäftigung von Fachkräften aus dem Ausland in der Hotelbranche

Was gilt es arbeitsrechtlich zu beachten?

Das Arbeitsrecht gilt für deutsche Arbeitnehmer gleichermaßen wie für alle anderen Arbeitnehmer der Europäischen Freihandelszone. Da Norwegen, Island, Liechtenstein und die Schweiz vertraglich die Regeln der EU über den Binnenmarkt als für sich verbindlich anerkannt haben, gilt für ihre Bürger auch das Arbeitsrecht der EU.

Die Arbeitnehmerfreizügigkeit gibt Staatsangehörigen der EU-Mitgliedstaaten das Recht, ihren Arbeitsplatz innerhalb der EU frei zu wählen. Sie benötigen keine Arbeitserlaubnis. Sie haben in jedem anderen Mitgliedstaat den gleichen Zugang zu Beschäftigung wie die Staatsangehörigen dieses Mitgliedstaats. Für die Beschäftigung von Arbeitskräften mit Herkunft außerhalb der EU gelten grundsätzlich andere Regeln.


Welches Recht gilt im konkreten Fall?
Für die Beschäftigung europäischer Arbeitskräfte in Deutschland stellt sich zunächst die Frage nach dem anzuwendenden Recht.

Nach Art. 8 Abs. 1 der Rom I-Verordnung unterliegen Individualarbeitsverträge dem Recht, dass die Parteien vereinbaren. Tun sie das nicht, unterliegt der Arbeitsvertrag dem Recht des Staates, in dem der Arbeitnehmer in Erfüllung des Vertrages seine Arbeit verrichten wird (Art. 8 Abs. 2 Rom I VO). Dies wäre dann – quasi automatisch – das deutsche Arbeitsrecht.

Wenn die Parteien dennoch ausdrücklich das Recht eines anderen Staates, wie etwa polnisches oder rumänisches Recht, vereinbaren, darf diese Vereinbarung jedoch nicht dazu führen, dass dem Arbeitnehmer der unabdingbare Schutz entzogen wird, der ihm ohne eine solche Vereinbarung durch das deutsche Recht gewährt würde.

Da von den meisten arbeitsrechtlichen Vorschriften nicht zum Nachteil des Arbeitnehmers abgewichen werden darf, ist der Anwendungsbereich ausländischer Vorschriften für Arbeitsverhältnisse, die in Deutschland verwirklicht werden, sehr klein und hat für die praktische Handhabung kaum eine Bedeutung. Dennoch sollte die Geltung deutschen Arbeitsrechts im Arbeitsvertrag klar vereinbart sein. Die Arbeitsverträge sollten stets auch in der Muttersprache des Arbeitnehmers abgefasst werden. Klarzustellen ist jedoch, dass bei Übersetzungsdifferenzen der deutsche Text maßgeblich sein soll.

Beispiel: Die Parteien vereinbaren die Anwendung deutschen Arbeitsrechts auf das Arbeitsverhältnis. Die Anwendung polnischen Rechts ist ausgeschlossen. Strony uzgadniają zastosowanie niemieckiego prawa pracy do stosunku pracy. Wyłącza się stosowanie prawa polskiego.

Das deutsche Arbeitsrecht ist in einer Vielzahl von Einzelgesetzen, Verordnungen und Tarifverträgen geregelt. Dazu kommt noch die Auslegung durch die deutschen Arbeitsgerichte, die den Rechtsanwender nicht selten überrascht. Wer weiß etwa, dass zum Beispiel ein Arbeitsverhältnis selbst mit Arbeitspausen von bis zu sechs Monaten noch als „ununterbrochen“ gelten kann?

Im Folgenden wollen wir auf ausgewählte Regelungen eingehen, die speziell für die Arbeitsverhältnisse mit Saisonarbeitskräften von Bedeutung sind. Dabei hat ein Minijobber grundsätzlich die gleichen Rechte wie ein vollbeschäftigter Arbeitnehmer, also etwa Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und an gesetzlichen Feiertagen, und Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. Es gibt auch keine Unterschiede beim Kündigungsschutz.

In aller Regel wird es sich bei der Beschäftigung von Saisonarbeitskräften um kurzfristige Beschäftigungen handeln, für die einige Besonderheiten zu beachten sind.

Schriftform
Auch kurzfristige Arbeitsverhältnisse bedürfen für die Wirksamkeit der Befristung der Schriftform. Dabei ist die elektronische Form ausdrücklich ausgeschlossen. Hat der Arbeitnehmer seine Tätigkeit bereits vor Unterzeichnung des Arbeitsvertrages aufgenommen, hat er ein unbefristetes Arbeitsverhältnis begründet, dessen spätere Befristung er ablehnen darf.

Kündigungsfristen vereinbaren
Im Arbeitsvertrag sind unbedingt die Fristen für die (ordentliche) Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu regeln. Wenn hier nichts vereinbart ist, können kurzfristige Arbeitsverhältnisse nicht ordentlich gekündigt werden! Überrascht?

Das Teilzeit- und Befristungsgesetz ordnet an, dass ein befristetes Arbeitsverhältnis nur dann der ordentlichen Kündigung unterliegt, wenn dies einzelvertraglich vereinbart ist. Die gesetzlichen Kündigungsfristen dürfen einzelvertraglich nicht abgekürzt werden. Die Grundkündigungsfrist beträgt vier Wochen zum 15. oder dem Ende eines Monats. Dabei sind aber auch wesentlich kürzere als die gesetzlichen Kündigungsfristen möglich. Bei der Vereinbarung einer Probezeit beträgt die Kündigungsfrist 14 Tage. Die zweite Ausnahme betrifft Kleinbetriebe, die bis zu 20 Arbeitnehmer beschäftigen. Hier kann vereinbart werden, dass die Kündigungsfrist vier Wochen beträgt (und nicht nur zum 15. oder zum Monatsende erfolgen kann).

Wenig bekannt ist die dritte Ausnahme in § 622 Abs. 5 BGB: Für Aushilfsarbeitsverhältnisse, also solche, die den zusätzlichen Arbeitskräftebedarf für einen auf drei Monate begrenzten zusätzlichen Arbeitsanfall decken, kann einzelvertraglich eine kürzere als die in § 622 Abs. 1 BGB genannte Grundkündigungsfrist vereinbart werden. Bei kurzfristigen Beschäftigungen bis zu drei Monaten gilt diese Kündigungsfrist also nicht. Hier können kürzere Kündigungsfristen vereinbart werden, ja sogar Beendigungsmöglichkeiten ohne Frist sind möglich!

Beispiel: Das Aushilfsarbeitsverhältnis wird für die Dauer von zwei Monaten begründet und kann von beiden Vertragsparteien ohne Einhaltung einer Frist gekündigt werden.

Kündigungsschutz im Saisonbetrieb
Hinsichtlich des Kündigungsschutzes gibt es bei der Beschäftigung von Saisonkräften keine Besonderheiten. Neben der Wartefrist von sechs Monaten ist es für die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes erforderlich, dass im Betrieb des Arbeitgebers regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt werden. Für die Feststellung der Zahl der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer kommt es zwar nach § 23 Abs. 1 S. 3 KSchG auf die Verhältnisse im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung an. Da die Vorschrift auf die Zahl der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer abstellt, ist jedoch die Beschäftigungslage maßgebend, die im Allgemeinen für den Betrieb kennzeichnend ist. Wie ist es nun bei einem Saisonbetrieb? Von einem Saisonbetrieb spricht man, wenn ein Betrieb mit einer Grundkapazität durchgehend unterhalten wird und sich im Jahresverlauf einzelne Zeiten ergeben, die eine erhöhte Betriebskapazität erfordern. Für Saisonbetriebe wird bei Anwendung von § 23 KSchG auf die Anzahl der außerhalb der Saison regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer abgestellt (LAG Mecklenburg-Vorpommern Urt. v. 21.1.2020 – 2 Sa 147/19).

Abrufarbeit?
Der Gesetzgeber hat in § 12 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes die Abrufarbeit in nur sehr eingeschränktem Umfang möglich gemacht. Die arbeitsvertragliche Vereinbarung über die Arbeit auf Abruf muss eine bestimmte Mindestdauer der wöchentlichen Arbeitszeit und der täglichen Arbeitszeit festlegen. Wenn die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit entgegen dieser gesetzlichen Vorschrift nicht vertraglich festgelegt ist, gilt eine wöchentliche Arbeitszeit von 20 Stunden als vereinbart. Dies führt vor allem bei geringfügigen Arbeitsverhältnissen zu unangenehmen Konsequenzen. Außerdem ist der Arbeitnehmer nur dann zur Arbeitsleistung verpflichtet, wenn der Arbeitgeber ihm die Lage seiner Arbeitszeit jeweils mindestens vier Tage im Voraus mitteilt. Diese gesetzliche Ankündigungsfrist ist tatsächlich jedoch wesentlich länger. Denn der Tag der Mitteilung ist bei der Fristberechnung ebenso wenig mitzuzählen wie der Tag der Arbeitsleistung. Überdies muss dann, wenn der letzte Tag vor dem Vier-Tages-Zeitraum ein Samstag, Sonntag oder Feiertag ist, die Mitteilung am „nächsten“ vorhergehenden Werktag erfolgen (So muss der geplante Freitag als Arbeitstag bereits am vorausgegangenen Freitag angekündigt sein!). Der Arbeitgeber ist zudem nur berechtigt, die wöchentliche Arbeitszeit um bis zu 25% zu erhöhen. Er kann die wöchentliche Arbeitszeit dagegen lediglich um bis zu 20% reduzieren. Möchte er die vereinbarte Arbeitszeit sowohl erhöhen als auch reduzieren können, stehen ihm dafür 15% bzw. nur 10% zur Verfügung.

Die Arbeitsvertragsparteien sind aber grundsätzlich nicht gezwungen, ein Abrufarbeitsverhältnis zu begründen. Sie können stattdessen eine Kombination von Rahmenvereinbarung und Einzelarbeitsverträgen wählen, bei der die Rahmenvereinbarung, welche nur die Bedingungen der erst noch abzuschließenden, auf den jeweiligen Einsatz befristeten Arbeitsverträge wiedergibt, selbst aber noch keine Verpflichtung zur Arbeitsleistung begründet und selbst keinen Arbeitsvertrag darstellt (BAG, Urteil vom 31. Juli 2002 – 7 AZR 181/01).

Kost und Logis
Nach § 107 Abs. 2 der Gewerbeordnung darf der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer u.U. nach Vereinbarung Waren in Anrechnung auf das Arbeitsentgelt überlassen, wenn die Anrechnung zu den durchschnittlichen Selbstkosten erfolgt.

Der Wert der vereinbarten Sachbezüge oder die Anrechnung der überlassenen Waren auf das Arbeitsentgelt darf die Höhe des pfändbaren Teils des Netto-Arbeitsentgelts nicht übersteigen. Dieser beträgt im Jahr 2022 ohne unterhaltspflichtige Personen 1.260,00 Euro. Für Saisonarbeiter wird die Anrechnung von Verpflegung und Unterkunft bei Beachtung dieser Grenze auf den gesetzlichen Mindestlohn zugelassen. Es gelten aber zusätzlich die Werte für Unterkunft und Verpflegung nach § 2 der Sozialversicherungsentgeltverordnung (SvEV).

Arbeitskräfte aus Drittstaaten
Angehörige aus Staaten, die nicht Mitglied der EU oder des EWR sind, benötigen zur Arbeitsaufnahme in Deutschland grundsätzlich einen Aufenthaltstitel, der ausdrücklich den Vermerk „Erwerbstätigkeit gestattet“ enthält. Grundsätzlich kann einem Ausländer ein Aufenthaltstitel zur Ausübung einer Beschäftigung nur dann erteilt werden, wenn die Bundesagentur für Arbeit zugestimmt hat. Diese Zustimmung setzt voraus, dass deutsche oder EWR-Arbeitnehmer nicht zur Verfügung stehen. Kurz gesagt: Für die Beschäftigung von Drittstaatlern gibt es auf diesem Wege keine Arbeitserlaubnis!

Nach § 15a Abs. 1 der Beschäftigungsverordnung kann Ausländern unter bestimmten Voraussetzungen zur Ausübung einer saisonabhängigen Beschäftigung von regelmäßig mindestens 30 Stunden wöchentlich u.a. im Hotel- und Gaststättengewerbe, eine Arbeitserlaubnis für die Dauer von bis zu 90 Tagen je Zeitraum von 180 Tagen mit Vorrangprüfung erteilt werden. Voraussetzung ist aber u. a. einer Absprache der Bundesagentur für Arbeit mit der Arbeitsverwaltung des Herkunftslandes. Derzeit bestehen jedoch keine Vermittlungsabsprachen für diese Beschäftigungen.

Mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz ist jüngst der Rahmen für eine gezielte und gesteigerte Zuwanderung von qualifizierten Fachkräften aus Nicht-EU-Ländern geschaffen worden. Ziel ist, dass diejenigen Fachkräfte nach Deutschland kommen können, die deutsche Unternehmen vor dem Hintergrund des großen Personalbedarfs und leerer Bewerbermärkte auch in der Hotellerie dringend benötigen. Neben Hochschulabsolventen sind nun auch Personen mit qualifizierter Berufsausbildung angesprochen. Dies schränkt den Kreis möglicher Saisonkräfte allerdings ein.

Menschen aus Albanien, Bosnien-Herzegowina, dem Kosovo, der Republik Nordmazedonien, Montenegro und Serbien können in Deutschland für jede Beschäftigung eine Aufenthaltserlaubnis erhalten. Diese Regelung ist bis 2023 verlängert worden. Für die Einreise nach Deutschland zur Arbeitsaufnahme ist ein Visum notwendig, das diese Staatsangehörigen bei der deutschen Auslandsvertretung in ihrem jeweiligen Herkunftsstaat oder in dem Staat Ihres rechtmäßigen Wohnsitzes beantragen müssen.

Unter Umständen vermittelt auch die in einem anderen EU-Staat erteilte Arbeitserlaubnis dem Inhaber das Recht, in Deutschland zu arbeiten. Dies ist allerdings nur ausnahmsweise der Fall, denn das Recht zu Arbeitsmigration ist in der EU nicht einheitlich geregelt.

Asylberechtigte und Kontingentflüchtlinge sind Personen, die als politisch Verfolgte anerkannt wurden. Sie haben einen unbeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt. Asylbewerber haben einen Arbeitsmarktzugang nach drei Monaten, wenn sie nicht verpflichtet sind, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen. Besteht die Verpflichtung, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, erfolgt der Zugang erst nach neun Monaten (nach sechs Monaten für Asylbewerber mit minderjährigen Kindern). Geduldete haben nach sechs Monaten einen Arbeitsmarktzugang, wenn sie zum Wohnen in der Aufnahmeeinrichtung verpflichtet sind, ansonsten nach drei Monaten. Keinen Arbeitsmarktzugang haben Asylbewerber, deren Asylverfahren als offensichtlich unbegründet oder unzulässig abgelehnt wurde.

Besondere Beschäftigungsverhältnisse
Neben den regulären Arbeitsverhältnissen gibt es ein weites Feld besonderer Beschäftigungsmöglichkeiten von entsandten Arbeitnehmern, Selbständigen und Leiharbeitnehmern, die allesamt mit größter Vorsicht und nie ohne fachkundige Begleitung genutzt werden sollten!

Erich Nagl – motivierten Fachkräften aus dem Ausland die Tür öffnen
Das Gastgewerbe in Deutschland wird noch lange an den Folgen der Corona-Krise zu kämpfen haben. Da ist es ärgerlich, wenn die Suche nach motivierten Mitarbeitern zusätzliche Hindernisse in den Weg gestellt werden, weil gerade für Menschen aus Nicht-EU-Staaten die bürokratischen Hürden viel höher sind. So gibt es hierzulande für Arbeitnehmer aus dem Europäischen Wirtschaftsraum grundsätzlich kaum Besonderheiten, die es zu beachten gilt. Ungelernten Arbeitnehmern aus Drittstaaten bleibt der deutsche Arbeitsmarkt hingegen weiterhin weitestgehend verschlossen. Langfristig führt an ihnen aber kein Weg vorbei. Das war schon vor der Pandemie bekannt und gilt nun erst recht. Für Arbeitgeber der Branche bleibt die Einholung von Rechtsberatung vor und während der Beschäftigung von Ausländern in jedem Fall zu empfehlen. Der Politik sei hiermit auf dem Weg gegeben, den Ernst der Lage zu erkennen und jetzt Hürden aus dem Weg zu räumen. Vor wenigen Wochen erst hat der neue Wirtschaftsminister Robert Habeck (Die Grünen) angekündigt, den Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt für Experten aus dem Ausland erleichtern zu wollen. Das Gastgewerbe wird ihn beim Wort nehmen.