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Die krankheitsbedingte Kündigung – (k)eine einfache Sache?!

In Zeiten, in denen es vielfach an ausreichend geeigneten Arbeitnehmern mangelt, denken Arbeitgeber eher weniger über die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses nach. Es gibt jedoch Fälle, da muss sich auch der wohlmeinendste Arbeitgeber mit dem Gedanken befassen, wie er einen bislang bestehenden Arbeitsvertrag möglichst kostenschonend beenden kann. Die Krankheit eines Arbeitnehmers, allemal eine dauerhafte Erkrankung, scheint dabei zunächst ein einfacher Fall zu sein. Bei genauerer Betrachtung sieht die Sache in vielen Fällen leider ganz anders aus. Dem wollen wir in unserem kurzen Beitrag nachgehen.

Hier spricht der Praktiker – eine ganz wichtige Unterscheidung!
Wenn man das Arbeitsrecht zunächst außen vorlässt und allein praktischen Überlegungen Rechnung trägt, wird eine auch für die spätere rechtliche Betrachtung sehr bedeutsame Unterscheidung relevant. So merkwürdig sich das beim ersten Lesen auch anhören mag: Wir unterscheiden hier zwischen dem „guten“ und dem „bösen“ Arbeitnehmer! Gute Arbeitnehmer sind solche, die natürlich hin und wieder krank werden. Das geschieht schicksalhaft und verursacht in aller Regel keine größeren Schäden beim betroffenen Arbeitgeber. Über einen teilweisen Ausgleich der Krankenkassen im Wege einer Umlage halten sich die damit für den Arbeitgeber verbundenen wirtschaftlichen Nachteile meist im Rahmen und veranlassen diesen nur in seltenen Fällen zum Ausspruch einer krankheitsbedingten Kündigung. Anders sieht es mit dem „bösen“ Arbeitnehmer aus. Zwar greift auch hier in vielen Fällen die erwähnte Umlage. Aber: Der „böse“ Arbeitnehmer ist statistisch auffällig erkrankt, wenn es in Richtung Wochenende geht, auch nutzt er gerne Feiertage, an denen er an sich zu arbeiten gehabt hätte, für eine kurze Auszeit. Die Erkrankung beim „bösen“ Arbeitnehmer ist zwar meist nur von kurzer Dauer, dennoch kommt sie meist unverhofft und zwingt den betroffenen Arbeitgeber zu kurzfristig notwendig werdenden Änderungen beim Dienstplan. Das Ganze natürlich auf Kosten der „Guten“, d. h. der ehrlichen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, was für das Betriebsklima keinesfalls förderlich ist. Wir werden uns nachfolgend im Wesentlichen auf den „bösen“ und häufig nur scheinbar arbeitsunfähig erkrankten Arbeitnehmer konzentrieren. Denn er ist für einen Großteil der Probleme in der Praxis verantwortlich, die in Hotellerie und Gastronomie Beschäftigte und deren Arbeitgeber umtreibt.

Vorab eine wichtige Unterscheidung
Handelt es sich bei dem Betrieb des Arbeitgebers um einen sog. Kleinbetrieb im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG), ist die Sache recht einfach. Denn hier kann – von wenigen Ausnahmen abgesehen – der Arbeitgeber jederzeit eine ordentliche, d. h. fristgemäße Kündigung aussprechen. Begründen muss er diese Kündigung nicht, weil sich das Arbeitsverhältnis außerhalb des KSchG bewegt. Auch dem erkrankten Arbeitnehmer darf mithin gekündigt werden, sogar während der Zeit, während der er erkrankt ist.

Kleinbetriebe sind (etwas vereinfacht geschildert) solche, die regelmäßig nicht mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigen. Wichtig: Nur solche Arbeitnehmer, die regelmäßig mehr als 30 Stunden in der Woche arbeiten, zählen „voll“, d. h. sind mit einem Zählwert von 1,0 zu berücksichtigen. Minijobber und alle Arbeitnehmer, die nicht mehr als 20 Stunden wöchentlich arbeiten, zählen lediglich mit dem Zählwert 0,5; und solche, die zwar mehr als 20 Stunden, aber nicht mehr als 30 Stunden in der Woche arbeiten, werden mit 0,75 gezählt. Auszubildende – soweit vorhanden – werden mit „0“ gewertet. Weitere Einzelheiten regelt § 23 Kündigungsschutzgesetz.

Ergo: Nur in Betrieben oberhalb des Schwellenwertes von 10,0 Arbeitnehmern macht es das Gesetz betroffenen Arbeitgeber schwer, eine krankheitsbedingte Kündigung auszusprechen. Dazu gleich mehr im nächsten Abschnitt.

Böse Arbeitnehmer und kein Kleinbetrieb
Nach den eingangs angestellten praktischen Überlegungen wollen wir uns nunmehr auf den „bösen“ Arbeitnehmer konzentrieren und dabei unterstellen, dass der Betrieb des Arbeitgebers kein Kleinbetrieb ist. Das hat zur Folge, dass der kündigende Arbeitgeber einen rechtlich anerkannten Kündigungsgrund benötigt. Die krankheitsbedingte Kündigung, genauer gesagt die personenbedingte Kündigung, kann einen solchen Kündigungsgrund darstellen. Leider ist die Sache im Detail aber wesentlich schwieriger als viele Arbeitgeber dies bei nur oberflächlicher Betrachtung des Kündigungsgrundes annehmen. Immer wieder gehen Arbeitgeber irrtümlich davon aus, dass nach Ablauf einer gewissen Krankheitsdauer alle für eine krankheitsbedingte Kündigung notwendigen Voraussetzungen erfüllt seien – und zwar mehr oder weniger automatisch. Das ist aber keinesfalls so! Vielmehr muss eine ganze Reihe von Bedingungen erfüllt sein, damit die krankheitsbedingte Kündigung aus der Sicht des betroffenen Arbeitgebers erfolgreich ausgesprochen werden kann. Eine vollständige Darstellung aller damit zusammenhängenden Fragen würde den Rahmen unseres kurzen Beitrags bei weitem sprengen.

Um es kurz zu machen: Haben wir es mit einem „bösen“ Arbeitnehmer zu tun, wird die krankheitsbedingte Kündigung in aller Regel an den sehr zahlreichen Voraussetzungen, die dieser Kündigungsgrund arbeitsrechtlich kennt, scheitern – spätestens dann, wenn der Arbeitnehmer gegen die Kündigung gerichtlich vorgeht. Eine schlechte Nachricht! Sie hat zur Folge, dass eine arbeitsrechtlich erfolgreiche Trennung von „bösen“ Arbeitnehmern häufig nur dann gelingt, wenn der Arbeitgeber bereit ist, eine Abfindung zu zahlen. Deren Höhe ist im Voraus leider nicht exakt zu beziffern.

Zum Schluss noch ein aktuelles Urteil
In einer recht aktuellen Entscheidung hat das Landesarbeitsgericht München entschieden, dass im Falle der Kündigung eines Arbeitsverhältnisses wegen Medikamentenmissbrauchs auf Seiten des zu kündigenden Arbeitnehmers die Grundsätze einer Kündigung wegen (krankheitsbedingter) Beeinträchtigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund von Alkoholismus anzuwenden seien (LAG München, Urteil vom 14.10.2021 – Aktenzeichen 3 Sa 83/21). Das heißt: Alkoholismus = Krankheit = Medikamentenmissbrauch. Also auch das leider kein einfacher Fall, wenn kein Kleinbetrieb vorliegt.

Erich Nagl – zweierlei Einstellungsprobleme
Zugegeben, in der momentanen Situation im Gastgewerbe werden die meisten Arbeitgeber eher händeringend nach Mitarbeitern suchen, als sich mit der Frage zu beschäftigen, wie sie Personal „loswerden“. Doch natürlich ist die Branche nicht gegen „faule Äpfel“ immun. Schneller, als einem lieb sein könnte, kann sich eine dringend benötigte Verstärkung als Dauerbaustelle erweisen. Dann macht der Gastwirt die unangenehme Erfahrung, dass schlimmer als eine unbesetzte Stelle nur eine ist, die dauerhaft ersetzt werden muss und deren Fehlen, besonders vor und nach freien Tagen, im Voraus einkalkuliert werden sollte. Ob Klein- oder Großbetriebe – diese von meinem Kollegen Dr. Uwe P. Schlegel „böse Arbeitnehmer“ genannten Mitarbeiter kann sich im Gastgewerbe insbesondere in der momentanen Situation schlicht niemand leisten.