Corona hat uns gezwungen, auf die Bremse zu treten. Weltweit. Und auch, wenn viele Menschen die Situation als ärgerlich empfinden: Sie lässt sich nutzen, um über den weiteren Weg nachzudenken. Wer auf der Stelle steht, sieht plötzlich klarer, als mit Vollgas auf der Überholspur. Und mit Vollgas war nicht nur die Hotellerie, sondern die gesamte Gesellschaft unterwegs.
Seit Ende des zweiten Weltkrieges galt citius, altius, fortius (schneller, höher, stärker), das Motto der olympischen Spiele, ohne Unterbrechung für alle Lebensbereiche. Die Welt im Wettlauf mit sich selbst. Warum also nicht die Not zur Tugend machen und unser „Geschäftsmodell“ mal auf den Prüfstand stellen. Und so viel ist sicher: Viren gab es schon, bevor die Menschheit begann, die Welt zu bevölkern. Und sie wird es auch noch geben, wenn sich die aufrecht gehenden Zweibeiner mit dem kühnen Anspruch, die Krönung der Schöpfung zu sein, von diesem Planeten längst wieder verabschiedet haben. Es braucht also keine Verschwörungstheorien.
Was dieses Virus – woher es auch immer kommt – so schnell hat verbreiten lassen, hängt mit der Art und Weise zusammen, wie wir heute leben und damit, wie viele wir sind. Fast acht Milliarden Menschen bevölkern unseren Planeten inzwischen. In unserer globalisierten wie vernetzten Welt lässt sich mit dem Flieger jeder Winkel der Erde in wenigen Stunden erreichen. Und so haben wir auch dem Virus Flügel verliehen, haben mit Lieferketten und Tourismus die Welt umspannt. Wir verreisen nicht nur, weil wir müssen, sondern weil es billig ist, viel zu billig. Mit dem Flieger für 20 Euro nach London und 200 Euro nach New York. Eine Übernachtung für 50 Euro? Kein Problem! Scheinbar.
Doch das alles hat leider einen viel größeren Preis als jenen, den wir per Kreditkarte zahlen. Durch unser konsumorientiertes, gedankenloses Verhalten schädigen wir nicht nur die Umwelt und verschwenden Ressourcen – wir verbreiten auch Krankheiten schneller, als die Natur das mal vorgesehen hatte. Der Begriff Nachhaltigkeit bekommt eine ganz andere Bedeutung, wenn wir auf die Geschwindigkeit blicken, mit der wir die Welt verändern. Die Welt ist leider zu klein, um mit acht Milliarden Menschen immer Vollgas geben zu können. Unfälle sind dabei programmiert und es nicht sicher, ob die Menschheit davon jeden überleben wird.
Um diesen Prozess zu verlangsamen, müssen wir unser Verhalten ändern. Und dafür müssten sich, um wieder auf unsere Hotel-Branche zurückzukommen, Leistung und Preis verändern. Die Leistung müsste dem Anspruch der Nachhaltigkeit entsprechen und der Preis müsste diese Leistung ermöglichen. Natürlich wird es dann teurer, das muss es aber auch. Denn bei fortgesetztem Massentourismus gibt es langfristig keine Gewinner – und keinen Gewinn. Denn der wahre Gewinn liegt nicht im Konsum, sondern in einem gesunden Leben. Jetzt in der Corona-Krise dämmert vielen von uns, dass Gesundheit und eine intakte Umwelt kostbare Güter sind. Mehr als bisher hätten Hotels und Touristik hier die Möglichkeit, neue Wege aufzuzeigen, mit der gewachsenen Chance, auf eine dafür sensibilisierte Kundschaft zu stoßen. Jetzt im Stillstand ließe sich die Richtung leichter ändern – leichter als später bei Vollgas.
Noch ein Wort zum klaren Blick im Stillstand. Bislang rasten wir in das Ungewisse, ohne wirkliche Vorstellung vom Ziel. Aber wo wollen wir denn eigentlich hin? Einen grünen Planeten mit sauberer Luft und sauberem Wasser hat die Menschheit bereits hinter sich gelassen. Je schneller wir wieder auf dem alten Weg Vollgas geben, desto größer wird der Abstand zu dieser einst heilen Welt. Wollen wir das wirklich?