Herr Hausmann, auch die Unternehmen in der Hospitality sehen sich beträchtlichen wirtschaftlichen Herausforderungen gegenüber. Wie beurteilen Sie die Situation?
Die Entwicklung hat sich über die vergangenen Jahre abgezeichnet. Viele Branchenakteure in Deutschland wollten das aber nicht erkennen, haben es verdrängt. Da war teilweise eine Menge Ignoranz und auch Arroganz im Spiel. Geld war lange Zeit kein Problem, niedrige Zinsen waren fast schon selbstverständlich. Dann kam die Pandemie, anschließend der Ukraine-Krieg, die Inflation, die Explosion der Kosten. Das hat den Unternehmen in der Hospitality mächtig zugesetzt. Die Insolvenzordnung war aufgrund der Situation für einige Zeit ausgesetzt. Inzwischen gilt sie wieder. Und schon sehen wir die Konsequenzen. Weitere Konsolidierung ist vor diesem Hintergrund programmiert. Darauf müssen wir uns definitiv einstellen.
Viele Marktakteure melden steigende Umsätze und Belegungszahlen. Doch auch die Kosten sind beträchtlich gewachsen. Inwieweit stehen die Profite unter Druck?
Die stehen auf jeden Fall unter Druck. Aber nicht erst seit gestern. Nur jetzt sind wir an einem Punkt angelangt, an dem es für viele Unternehmen betriebswirtschaftlich wirklich brenzlig wird. Überrascht bin ich davon keinesfalls.
Die internationalen Hotelkonzerne verdienen Geld wie selten zuvor. Gleichzeitig straucheln kleine und mittelgroße Gruppen sowie immer mehr Individualhoteliers. Was lässt das für die Zukunft erwarten?
Die Konzerne verfügen über große Portfolios von Marken, sind in sämtlichen Segmenten des Marktes vertreten und führen zwischen 3.000 und 4.000 Hotels in verschiedenen Regionen rund um den Globus. Wenn Deutschland mal schwächelt? Kein Problem! Woanders klingelt die Kasse. Oder eben umgekehrt. Traditionelle deutsche Hotelgruppen hingegen sind vom heimischen Markt stark abhängig. Viele von Ihnen haben die Kosten nicht mehr unter Kontrolle, investieren zu wenig in moderne Konzepte und Innovation.
Um den wachsenden Kosten etwas entgegenzusetzen, sind die Preise zuletzt erheblich gestiegen. Wie lange geht das gut?
Interessenvertreter in der Hotellerie fordern, die Preise weiter zu erhöhen. Aber irgendwann, und ich vermute schon bald, kommst Du an einen Punkt, an dem das Angebot keine Nachfrage mehr findet, weil sich die Masse der Menschen in diesem Land das nicht mehr leisten kann. Wir dürfen nicht vergessen: Über 80 Prozent der Hotelgäste in Deutschland kommt aus dem Inland. Wenn die Preise nun schon im zweiten Jahr in Folge derart nach oben gehen wie geschehen, dann glaube ich nicht, dass das noch lange gut gehen wird.
Müssen wir uns also daran gewöhnen, dass sich die Ergebnisse noch eine Zeit lang verschlechtern werden?
Davon gehe ich aus. Besonders, wenn ich mir die Lohnforderungen der Gewerkschaften anschaue. Diese Entwicklung wiederum nutzen einige Anbieter, um ihre digitalen Dienste in Stellung zu bringen, erzählen die Story von der Digitalisierung, die Personal hier und dort überflüssig machen kann. Aber stimmt das? Lassen sich Dienstleistungen tatsächlich im suggerierten Maß digitalisieren? Ich glaube, da sind wir technisch noch nicht. Jedenfalls nicht ohne erhebliche Investitionen.
Welche Möglichkeiten haben die hiesigen Hoteliers, ihre Konzepte der veränderten Situation anzupassen?
Um das zu beantworten, sollten wir Sterne-Klassen und Service-Level analysieren und mit der Frage verknüpfen, was der Markt braucht. Das Luxus-Segment wird immer funktionieren. Aber was ist zum Beispiel mit den vielen Vier-Sterne-Häusern? Und was ist mit dem Leistungsumfang, den die Gäste erwarten? Die Hoteliers geben immer vor, ihre Gäste und deren Bedürfnisse zu verstehen. Aber dann wundern sie sich, wenn ihre Kunden ein Problem damit haben, dass zum Beispiel das Frühstück zusammengestrichen wird. Rund um die konzeptionelle Aufstellung werden sich viel zu wenig Gedanken gemacht. Das halte ich für ein großes Problem.
Inwieweit kann professionelle Distribution helfen, die wirtschaftliche Situation zu verbessern?
Das kann sie. Aber die meisten Unternehmen haben verlernt, Vertrieb zu machen. Sie sind präsent auf Plattformen wie etwa Booking.com und meinen, das reiche aus. Aber wer kümmert sich heute noch angemessen um sein Corporate-Geschäft, um Gruppenbuchungen, um klassisches Marketing. Eine wachsende Zahl angeblicher Brancheninsider will uns glauben machen, Technik löse sämtliche unserer Probleme. Dabei ist sie nichts anderes als Mittel zum Zweck.
Wie müssen sich die Unternehmen in der Hospitality aufstellen, um auch morgen noch erfolgreich zu sein?
Sie müssen sich zurückbesinnen auf ihr Kerngeschäft, den Fehler nicht bei anderen suchen, Arroganz ablegen und sich nicht entmutigen lassen.