„Der KI-Hype kommt für die Hotellerie zu früh“

„Der KI-Hype kommt für die Hotellerie zu früh“

Herr Hausmann, Sie waren mit Busy Rooms auch in diesem Jahr wieder auf der ITB vertreten. Wie ist Ihr Eindruck von der Messe?

Die ITB hat sich verändert. Als ich im Jahr 2000 das erste Mal auf der Messe war, damals für das Unternehmen WorldRes, hatten wir einen großen Stand an prominenter Stelle. Das hat viel Geld gekostet, dafür aber auch enorm viele, von Hotels unterschriebene Verträge eingebracht. Heute wird von uns nur noch wenig direktes Geschäft auf der ITB gemacht. Einige Hotelgruppen stellen auf der Messe mittlerweile gar nicht mehr aus und schicken auch keine oder nur wenige Mitarbeiter. Warum wir dort trotzdem noch Flagge zeigen? Neben den Hotels, die noch vor Ort sind, treffen wir vermehrt Partnerunternehmen – Anbieter von Revenue-Management- und CRM-Systemen, Travel Agencies und viele andere. Das ist geballte Präsenz auf engem Raum und verschafft uns die Möglichkeit, gewinnbringende Kooperationen anzubahnen und festzumachen. Auch das ist für uns am Ende bares Geld.

Sie bieten den Hoteliers zahlreiche Dienstleistungen an, darunter etwa PMS, Revenue Management, Channel Management, Design- und Content-Management für Websites etc. Was wird derzeit besonders nachgefragt?

Die Hoteliers interessieren sich zunehmend für multifunktionale Systeme, also für solche Lösungen, die verschiedene Systeme in einem integrieren. Wir sind gut vertreten bei Hotelgruppen, auch einigen, die wie Tour Operator funktionieren, da wir inzwischen deutlich mehr als ein Standard-CRS sind. Wir bieten neben den üblichen CRS-Funktionen auch Lösungen für Gutscheinmanagement, buchhalterische Abrechnungen sowie diverse dynamische Paketiermöglichkeiten an. Sie versetzen Hotels und Gruppen in die Lage, Abrechnungen mit OTA zu erstellen, Vermieter/Verpächter/Kunden abzurechnen und neben dem Hotelzimmer andere Produkte wie Flüge, Transfers, Verpflegungen oder Freizeitaktivitäten zu verkaufen. Eine reine Buchungsmaschine oder ein Channel-Management-System bieten viele Unternehmen an – integrierte, auf Kunden individuell abstimmbare Systeme nur wenige.

Die Bemühungen der Hoteliers, den Direktvertrieb zu forcieren, waren in den vergangenen Jahren – über den gesamten Markt betrachtet – wenig erfolgreich. Die großen Buchungsportale haben unterm Strich weiter Marktanteile gewonnen. Ist der Versuch, Terrain im Online-Vertrieb zurückzuerobern gescheitert?

Ich denke nein. Warum? Die großen Hotelkonzerne machen das weitgehend mit teuren Systemen und entsprechendem Personal. Und die kleinen, individuellen Häuser – wie sollen die denn im Direktvertrieb jemals deutlich stärker werden? Wie soll ein Individualbetrieb im Zentrum von Köln, der mit 60, 70 anderen Hotels konkurriert, für mehr Sichtbarkeit im Netz sorgen, ohne dafür erheblich zu investieren? Wir dürfen nicht glauben, dass die OTAs irgendwann eine Nebenrolle spielen werden, auch in Zukunft wird es beim gesunden Vertriebsmix bleiben müssen.

Aber ist der heute so noch gesund?

Da stelle ich die Gegenfrage: Wo sind die Buchungen denn früher hergekommen? Wenn wir uns mal einen Vertriebsmix aus 1985 anschauen würden, kämen wir zu der Erkenntnis: Auch damals war Direktgeschäft nicht einfach und dazu noch teuer. Inserate in Publikationen haben ebenso Geld gekostet wie der Vertrieb über Reisebüros oder ähnliche Einrichtungen. Im Grunde finde ich, haben Hoteliers heute doch sogar bessere Chancen, auf sich aufmerksam zu machen, als seinerzeit.

Und jetzt kommt auch noch Künstliche Intelligenz ins Spiel. Wie beurteilen Sie den Hype um das Thema KI?

Man sollte zunächst mal unterscheiden zwischen KI und Automatisierung. Der Begriff KI wird mittlerweile für fast alles verwendet, auch für gute Automatisierungslösungen, die es schon Jahre gibt. Das Automatisieren von Buchungsprozessen oder Informationen, die Kundenverhalten beeinflussen, ist nicht unbedingt etwas Neues, gab es auch schon vor dem KI-Hype. Viele Hotels haben heute schon zu wenig Zeit, bestehende Automatisierungslösungen angemessen zu implementieren. Neben dem Tagesgeschäft bleibt meistens nur noch Zeit, die nötigsten Verwaltungsaufgaben abzuarbeiten. Da stellt sich die Frage: Wo kommt die Zeit oder das Know-how für Automatisierung/KI künftig her? Künstliche Intelligenz automatisiert ja nur, wenn KI auch entsprechend eingesetzt wird. Die Vorreiter auf Hoteliers- und Produktanbieterseite pushen richtigerweise. Aber Panikmache löst keine Probleme.

Wird KI in der Branche zu schnellen Veränderungen führen?

Nein. Sie hat definitiv großes Potenzial. Aber wie bereits vorher besprochen, braucht es Zeit, Geld und Erfahrung. Beides fehlt in der breiten Masse. Bevor KI umfänglich zum Einsatz kommt, müssen neben den strategischen Entscheidungen eben auch noch technische Anpassungen der jeweiligen Infrastrukturlandschaft berücksichtigt werden. Das kann dauern. Nicht Jahre, aber bis morgen wird das auch nicht erledigt sein. Deshalb halte ich nichts davon, jetzt einfach so zu tun, als wenn KI über Nacht mal eben Horden von Mitarbeitern ersetzen oder Prozesse völlig automatisieren könnte. Schnelle Lösungen, die in einzelnen Bereichen helfen, gibt es aber durchaus, zum Beispiel bei Content, Übersetzungen und der Kundenkommunikation. Unterm Strich bleibt KI ein heißes Thema mit großem Potenzial.