Alles was Recht ist!

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Die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht?

Frage 1: Ab wann gilt die eAU?

Die Regeln für die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung gelten seit dem 01.01.2023. Streng genommen gab es die eAU auch schon vorher. Seit Jahreswechsel ist aber die gewissermaßen „letzte Ausbaustufe“ der eAU erreicht.

Frage 2: Wofür steht das Wort „elektronisch“ in eAU?

Seit 01.01.2023 wird der bisher übliche „gelbe Schein“, den der Arbeitnehmer durch den die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausfüllenden Arzt, Zahnarzt usw. bekam, durch eine digital übermittelte Information an die Krankenkasse ersetzt. Damit entfällt zugleich die „analoge“ Übersendung des „gelben Scheins“ durch den jeweils betroffenen Arbeitnehmer.

Frage 3: Wird auch die Krankmeldung elektronisch bzw. digital?

Nein! Das liest man zwar immer wieder. Das ist aber nicht richtig. Unter der Krankmeldung im eigentlichen Sinne versteht man die Information an den Arbeitgeber, dass der Arbeitnehmer arbeitsunfähig erkrankt ist oder sich zumindest so fühlt. Die dazu bislang geltenden Regeln bleiben unverändert. In § 5 Entgeltfortzahlungsgesetz wird vom Arbeitnehmer eine „unverzügliche“ Mitteilung des Arbeitgebers über die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer verlangt. Einzelheiten hängen naturgemäß davon ab, ob der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Unterrichtung des Arbeitgebers bereits einen Arzt aufgesucht hat oder nicht. Eine bestimmte Form der Information (z.B. telefonisch, per SMS oder Ähnliches) ist gesetzlich nicht vorgegeben. Insoweit hat sich also nichts geändert.

Frage 4: Aus drei Belegen über eine Arbeitsunfähigkeit wird nur noch ein Beleg – was heißt das?

Bislang gab es drei Belege:

  • Einen für den Arbeitnehmer selbst,

  • einen für den Arbeitgeber (den der Arbeitnehmer dort abzugeben hatte)

  • einen für die Krankenkasse des Arbeitnehmers (den der Arbeitnehmer an eben diese Krankenkasse zu übermitteln hatte).

Nunmehr wird es für den Arbeitnehmer lediglich einen Beleg für seine eigenen Unterlagen geben. Die beiden anderen Dokumente entfallen in der Regel bzw. werden durch elektronische Nachrichten ersetzt. Das klingt einfach, ist es zunächst auch. Denn unnötiger Papierkram wird abgeschafft. Aber das ist noch nicht das Ende der Geschichte!

Frage 5: Was bedeutet die eAU ganz praktisch für betroffene Arbeitgeber?

Es ergibt sich ein „Dreiklang“:

Punkt 1: Der Arbeitnehmer informiert seinen Arbeitgeber (unverändert) unverzüglich über die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit (siehe Frage 3).

Punkt 2: Der die AU-Bescheinigung ausstellende Arzt, Zahnarzt usw. meldet die AU der betreffenden Krankenkasse auf elektronischem Weg.

Punkt 3: Der Arbeitgeber (oder ggf. auch das für ihn tätige Steuerbüro) ruft die Daten bei der zuständigen Krankenkasse ab.

Frage 6: Gilt das unter Frage 5 Geschilderte auch für geringfügig Beschäftigte (sog. Aushilfen)?

Ja.

Frage 7: Ändert sich durch die eAU etwas an den zu Lasten des Arbeitnehmers geltenden Nachweispflichten hinsichtlich des Vorliegens einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit?

Nein! Der Arbeitnehmer muss seine Arbeitsunfähigkeit unverändert nachweisen. Jetzt nicht mehr durch den bislang verwendeten „gelben Schein“, sondern dadurch, dass der Arbeitnehmer es dem Arbeitgeber ermöglicht, die für die Arbeitsunfähigkeit maßgeblichen Daten bei der Krankenkasse abzufragen. Insofern das technisch funktioniert. Derzeit hört man noch des Öfteren, dass der notwendige Datentransfer vom Arzt zur Krankenkasse technisch nicht störungsfrei verläuft.

Frage 8: Was passiert, wenn eine Krankheit länger als drei Tage andauert?

Hier ändert sich an den dargestellten Regeln nichts! Arbeitnehmer sind auch zukünftig verpflichtet, eine Arbeitsunfähigkeit feststellen zu lassen, wenn einer der drei nachfolgend geschilderten Fälle vorliegt:

Fall 1: Die Krankheit bzw. AU dauert länger als drei Tage.

Fall 2: Der Arbeitgeber fordert vor Ablauf der drei Tage einen entsprechenden Nachweis der AU.

Fall 3: Die durch Krankheit ausgelöste AU dauert länger an, als es der bis dahin maßgeblichen Feststellung des Arztes, Zahnarztes usw. zu entnehmen war.

Frage 9: Wie erhält das Lohnbüro bzw. Steuerbüro die notwendigen Daten?

Jetzt gibt es eine gute und eine schlechte Nachricht für betroffene Arbeitgeber. Zuerst die gute Nachricht: Der Arbeitgeber kann das Lohn- bzw. Steuerbüro beauftragen, die Daten über die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers elektronisch bei der zuständigen Krankenkasse abzufragen. In aller Regel muss das geschehen, weil das Steuerbüro sonst keine korrekte Abrechnung des Arbeitsentgelts vornehmen kann. Die schlechte Nachricht: Das kostet Geld, denn das Steuerbüro wird die notwendige Datenabfrage nicht ohne zusätzlichen Arbeitseinsatz leisten können.

Frage 10: Dürfen Arbeitgeber eine Kopie des dem Arbeitnehmer überreichten „gelben Scheins“ verlangen?

Wahrscheinlich nicht. Das ist allerdings eine aktuell nicht abschließend geklärte Frage. Arbeitgeber werden versuchen, eine solche Pflicht des Arbeitnehmers durch entsprechende Vereinbarungen im Arbeitsvertrag zu regeln. Ob das rechtlich wirksam ist, kann derzeit nicht sicher gesagt werden. Nach Einschätzung der Autoren dieser Kolumne spricht vieles dafür, dass ein Anspruch des Arbeitgebers auf Erhalt einer Kopie nicht besteht.

Erich Nagl: Die Digitalisierung ist kein Selbstzweck!

Zusatzfrage 11: Führt die eAU zum Bürokratieabbau?

Das ist eine Frage, die den Arbeitgebern – nicht nur im Gastgewerbe – womöglich am meisten unter den Nägeln brennen dürfte. Schließlich ist die Digitalisierung kein Selbstzweck, sondern muss sich an konkreten Parametern wie Effizienzsteigerung messen lassen. Die korrekte Beantwortung der Frage hängt allerdings davon ab, wer durch die eAU betroffen ist. Für Arbeitnehmer ist ein Bürokratieabbau unserer Einschätzung nach durchaus erkennbar. Immerhin hat sich das Prozedere mit den gelben Scheinen für den Arbeitgeber und die Krankenkasse erledigt. Aber für die Arbeitgeberseite sieht das anders aus. Hier führt die Digitalisierung an der Stelle zu mehr Arbeit, als das bisher der Fall war. Und (siehe Frage 9) sogar zu höheren Kosten. Keine Vereinfachung, keine Beschleunigung von Arbeitsprozessen. Nix mit schöner neuer digitaler Welt!