„Mit Nachhaltigkeit machen Sie sich krisenfest“

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„Mit Nachhaltigkeit machen Sie sich krisenfest“

Hannes Lichtmannegger vom Hotel Rehlegg aus Ramsau(2022) und Inga Ali vom Wildland Natural Resort in Wietze (2021) sind die ersten Gewinner des von den Fachmedien Schlafen Spezial, Cost & Logis und Hotelier verliehenen Green-Sleeping-Awards. Im Interview sprechen die beiden Unternehmer über ihre Auszeichnung, nachhaltiges Engagement, allgegenwärtiges Greenwashing und Ihre Gäste.  

Sie sind mit dem Green-Sleeping-Award geehrt worden. Was bedeutet Ihnen diese Auszeichnung? 

Hannes Lichtmannegger: Es ist eine ganz besondere Auszeichnung, über die wir uns sehr gefreut haben. Wir engagieren uns seit vielen Jahren in Sachen Nachhaltigkeit, dazu gehört für uns auch das Thema gesunder Schlaf. Unsere Gäste wissen das sehr zu schätzen.

Inga Ali: Wir haben uns sehr über die Auszeichnung gefreut. Das Thema Nachhaltigkeit zieht sich durch alle Bereiche des Hotels und des Restaurants. Bett und Matratze sind im Hotel zusammen mit einem hochwertig ausgestatteten Badezimmer und einem ansprechenden Frühstück die wichtigsten Verkaufsartikel. Daran sollte man nicht sparen.

Sie mussten erheblich investieren, um die Lorbeeren zu ernten. Inwieweit zahlt sich dieser Einsatz aus?

Hannes Lichtmannegger: Wir haben den Zimmerpreis im Zuge der Investition in neue Betten um zehn Euro erhöht. Bei einer durchschnittlichen Belegung von 70 Prozent aufwärts haben Sie den Break-Even-Punkt damit in wenigen Jahren erreicht. Dazu kommen erhebliche Kosteneinsparungen. Unterm Strich zahlt sich das Engagement für uns längst aus.

Inga Ali: Wir bekommen viel Lob für unsere Betten. Einige Gäste sagen, sie haben noch nie so gut geschlafen wie bei uns. Manche sind so begeistert, dass sie sich im Fachhandel die Matratzen bestellen.

Sind Ihre Gäste bereit, für Nachhaltigkeit Geld zu zahlen?

Inga Ali: Ein Teil unserer Gäste entscheidet sich bewusst für unser Konzept. Andere sind positiv überrascht davon, wie gut man Nachhaltigkeit durchdenken kann. Wir sind ein Biohotel. Unsere Preise sind gemessen an unserem Angebot moderat, aber höher als bei konventionellen Anbietern. Da ein großer Teil unserer Kunden Stammgäste sind, gehen wir davon aus, dass die Gäste unsere Leistung und unsere Werte zu schätzen wissen.

Hannes Lichtmannegger: Die Gäste sind definitiv bereit, für nachhaltiges Engagement mehr Geld zu zahlen. Gästebefragungen, die wir in den vergangenen Jahren durchgeführt haben, bestätigen das. Regionalität, Energieeffizienz, Solarthermie, Blockheizkraftwerke und Photovoltaik – das sind Argumente, die sich gut kommunizieren lassen und bei vielen Menschen entsprechend positiv ankommen.

Was unterscheidet echte Nachhaltigkeit von Greenwashing?

Hannes Lichtmannegger: Wer Nachhaltigkeit wirklich praktiziert, der macht, redet aber nicht so viel darüber. Beim Greenwashing ist es umgekehrt. Leider wird viel zu viel über Nachhaltigkeit geredet und viel zu wenig getan. Das gilt sowohl für unsere Branche als auch für die Politik.

Inga Ali: Echte Nachhaltigkeit wird gelebt und liegt der Geschäftsführung/den Inhabern am Herzen. Bei gelebter Nachhaltigkeit haben die Mitarbeiter Antworten auf die Fragen der Gäste. Echte Nachhaltigkeit erkennt man daran, dass es für alle Angebote ein Konzept gibt.

Personalkrise, Kostenexplosion und vage Aussichten: Viele Hotelinhaber stecken im Existenzkampf und haben nicht den Kopf frei, um sich über nachhaltige Strategie Gedanken zu machen. Wie ist Ihre Sicht auf die Dinge? 

Inga Ali: Wenn wir nicht schnell Lösungen finden, dann werden uns die Vorschriften der Regierung bald zum Handeln zwingen. Die Klimakrise ist längst spürbar. Es wird teurer, nichts zu verändern, als jetzt zu investieren. Gäste, die eventuell nicht bereit sind, mehr für Nachhaltigkeit zu zahlen, kommen dennoch in Zukunft mit einer ganz anderen Erwartungshaltung ins Hotel. Anbieter wie Booking und Expedia fragen bereits über ihre Portale das nachhaltige Engagement der Hotels ab. Häuser, die sich in der Sache nicht engagieren, werden von ihren Gästen früher oder später abgestraft.

Hannes Lichtmannegger: Wer glaubt, keine Zeit zu haben, sich um nachhaltige Konzepte Gedanken zu machen, dem kann ich nur sagen – das ist der vollkommen falsche Ansatz. Natürlich verstehe ich, dass Energiekrise, Inflation und Personalmangel für die Hotellerie herausfordernd sind. Aber sich hinter solchen Themen zu verstecken, das hilft nicht weiter. Im Gegenteil. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Wir bekommen durch unser nachhaltiges Engagement erheblich mehr Anfragen von Bewerbern. Tenor: Wir wollen Teil Eures Unternehmens werden. Damit können wir auch in personell schwierigen Zeiten punkten. Noch ein Beispiel: Nachhaltiges Wirtschaften wird in den Gesprächen mit Banken immer wichtiger. Wer nachhaltiges Handeln belegen kann, der profitiert auch in Form niedrigerer Zinsen bei der Kreditvergabe. Unterm Strich heißt das: Mit Nachhaltigkeit machen Sie sich als Betrieb krisenfest.

Können Sie Hotels verstehen, die in Sachen Nachhaltigkeit noch zögern?

Hannes Lichtmannegger: Überhaupt nicht. Am Anfang kostet Nachhaltigkeit, aber letztlich rentiert sie sich.  

Inga Ali: Wer jetzt nicht anfängt, wenigstens ein bisschen zu tun, der hat im Wettbewerb schon bald das Nachsehen.

Der Gewinner des Green-Sleeping-Awards wird inzwischen auch mit dem Swissfeel-Förderpreis ausgezeichnet und kommt damit in den Genuss eines Gutscheines für ein Stipendium an der Deutschen Hotel Akademie (DHA) für den Lehrgang Nachhaltigkeitsmanagement, um den Nachwuchs zu fördern: Die richtige Initiative, um das Thema in der Branche voranzutreiben? 

Inga Ali: Auf jeden Fall. Die Branche braucht Fachkräfte, die sich in Sachen Nachhaltigkeit weiterbilden, um das Thema voranzutreiben.

Hannes Lichtmannegger: Ich begrüße diese Initiative sehr, besonders mit Blick auf die kommenden Generationen.