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Fragen über Fragen

Was den potenziellen Arbeitgeber im Bewerbungsgespräch interessieren darf

Die Corona-Pandemie hat das Gastgewerbe nicht nur ökonomisch, sondern auch personell hart getroffen. Glücklich kann sich schätzen, wer jetzt Bewerbungen für die freien Stellen erhält. Doch bei aller Neugier auf die potenziellen neuen Mitarbeiter gilt: Auch das Bewerbungsgespräch ist kein rechtsfreier Raum. Welche Fragen nicht gestellt werden dürfen, wo sogar gelogen werden darf und vor allem wie mit der sensiblen Frage nach der Corona-Schutzimpfung umzugehen ist, beantworten Dr. Uwe P. Schlegel und Erich Nagl von ETL ADHOGA in der aktuellen Ausgabe von „Alles was Recht ist“.


Zugegeben, in diesen Zeiten ist man als Hotelier oder Gastronom für beinahe jede Bewerbung dankbar. Da führt man meist keine langen Bewerbungsgespräche. Die Freude über jeden, der mit anpacken möchte, ist viel zu groß, als dass man sich durch allzu viele kritische Nachfragen beim Bewerber und eine etwaig unbefriedigende Antwort verunsichern lassen möchte. Das Prinzip heißt Hoffnung. Und dennoch: Die eine oder andere Erkundigung beim Bewerber ist unabdingbar. Dabei interessiert natürlich auch, welche Fragen überhaupt gestellt und welche nicht gestellt werden dürfen. Das wollen wir arbeitsrechtlich kurz beleuchten und dabei aus aktuellem Anlass eine Frage in den Mittelpunkt stellen, nämlich die nach der Impfung gegen das Coronavirus.


Eines gleich vorweg. Auch wenn das Interesse des potentiellen Arbeitgebers noch so groß ist, längst nicht alles, was der Arbeitgeber vom kommenden Mitarbeiter gerne wissen möchte, darf er auch erfragen. Der Arbeitgeber darf dem Bewerber nämlich arbeitsrechtlich betrachtet nur solche Fragen stellen, an deren wahrheitsgemäßer Antwort er ein sachlich begründetes Interesse nachweisen kann. Demnach unzulässige Fragen muss der Bewerber nicht beantworten, ja − noch sehr viel weitergehender – es steht dem Bewerber sogar ein Recht zur Lüge zu. So darf eine Bewerberin die Frage nach einer etwaig bestehenden Schwangerschaft selbst dann wahrheitswidrig beantworten, wenn sie schwangerschaftsbedingt von Anfang an ihren Arbeitspflichten nicht nachkommen kann. Klingt ungerecht? Mag sein, entspricht aber geltendem Recht, an dem es nichts zu rütteln gibt.


Andere Fragen wiederum sind nicht per se zulässig oder unzulässig. Vielmehr kommt es ganz darauf an, wie die Frage formuliert wird. So ist die pauschal formulierte Frage nach bestehenden Krankheiten, nach einer Behinderung oder gar Schwerbehinderung unzulässig. Wird aber durch die Fragestellung ein Zusammenhang zwischen einer möglichen gesundheitlichen Beeinträchtigung und dem konkreten Arbeitsplatz hergestellt, kann das ganze arbeitsrechtlich schon anders zu beurteilen sein. So wird beispielsweise die Frage danach, ob die Bewerberin ein schwerbehinderter Mensch sei und deshalb ganz oder doch zumindest teilweise ihren zukünftig arbeitsvertraglich geschuldeten Pflichten nicht nachkommen kann, grundsätzlich als zulässig angesehen werden können.


Aktuell wird im Arbeitsrecht heftig darüber diskutiert, ob der Arbeitgeber – sei es im Bewerbungsgespräch oder im Rahmen eines schon bestehenden Arbeitsverhältnisses – die Frage nach dem Impfstatus des Bewerbers bzw. Arbeitnehmers stellen darf. Soweit ersichtlich geht eine Mehrzahl der Juristen derzeit davon aus, dass ein solche Frage unzulässig sei. Unbestritten betrifft die Frage den Bereich prinzipiell sensibel zu betrachtender Gesundheitsdaten eines Menschen. Das hat schon vor der Corona-Pandemie gegolten. Andererseits: Was ist, wenn sich der Gastronom entschlossen hat, in seinem Betrieb ein 3G- oder gar 2G-Konzept zu verfolgen, d.h. lediglich Geimpften, Genesenen und allenfalls noch frisch Getesteten Zutritt zu seinen Räumlichkeiten zu gewähren? Da mutet es doch geradezu komisch an, wenn zwar der Gast unter die 3G- oder gar 2G-Regel fallen muss, die Servicekraft aber ungeimpft Speisen und Getränke servieren darf. Was, wenn der Seminarveranstalter, das Hochzeitspaar oder der Jubilar, die alle eine Veranstaltung planen, partout darauf bestehen, ausschließlich auf geimpfte Servicekräfte zu treffen? Und was ist schließlich mit dem Caterer, der aufgrund bindender Vereinbarung mit seinen Auftraggebern nur geimpftes Personal einsetzen darf? Fragen über Fragen! Vielleicht hilft ja ein Praktikertipp weiter: Sie bitten den Bewerber aus Gründen des Infektionsschutzes ganz einfach, zum Bewerbungsgespräch den Impfausweis – analog oder digital – mitzubringen. Mal schauen, was passiert …

Erich Nagl: „Es wirkt beinah zynisch“…

„Erinnern wir uns zurück an die ersten Wochen der Pandemie im Februar und März 2020. Das Gastgewerbe stand am Pranger. Die einseitige und undifferenzierte Berichterstattung in reichweitenstarken Medien prägte das Meinungsbild über die Gefahr, welche mit einem Hotel- oder Restaurantbesuch verbunden sei. Vom Gesundheitswesen abgesehen hat kaum eine Branche mehr in Hygiene investiert als das Gastgewerbe. Die Branche musste zum sicheren Ort werden, denn sie braucht das Vertrauen der Gäste. Und sie hat unter Beweis gestellt, dass sie Hygiene kann. Da wirkt es beinah zynisch, wenn die Frage nach dem Impfstatus bei Mitarbeitern nicht gestellt werden dürfte. Das Gegenteil sei hiermit gefordert!

Weitere Fragen? Antworten finden Sie auch unter https://www.etl-rechtsanwaelte.de/aktuelles/fragen-und-antworten-zur-testpflicht-in-unternehmen-und-betrieben