Der Schweiz unter das Laken geschaut

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Der Schweiz unter das Laken geschaut

Der Autor Jens Rosenbaum ist Journalist, Verleger und Hotel-Betten-Experte.

Die Serie HOTEL-BETTEN-TEST sowie die begleitende Hygiene-Studie sind nicht auf Deutschland beschränkt. Auch Hotels in der Schweiz und Österreich werden einbezogen. Und nachdem in der August-Ausgabe von Cost & Logis, mit der Verleihung des CLEAN-SLEEPING-AWARD, ein Zwischenergebnis gezogen wurde, soll nun im letzten für 2020 geplanten Beitrag der Serie ein Blick über die Grenzen geworfen werden. Wie machen es die Nachbarn und was könnte als Anregung für die hiesige Leserschaft dienlich sein? Eine Reise in die Schweiz kurz nach dem Lockdown im Juni bot dafür Gelegenheit. Eine unangekündigte Stichprobe bei drei ausgewählten Hotels, mit einem Fokus auf das Thema Bett-Hygiene. Sicherlich nicht repräsentativ für die Gesamtheit der Hotels in der Schweiz, aber durchaus ein Indikator.

Die definierte Textlänge für den HOTEL-BETTEN-TEST im Magazin Cost & Logis erlaubt keine ausführliche Gegenüberstellung dieser Hotels in der üblichen Form eines Tests. Und es ist auch nicht die Intention dieses Beitrages, diese drei Hotels gegeneinander antreten zu lassen. Daher erfolgt eine Komprimierung in der Beschreibung und auch auf die übliche Benotung wird verzichtet. Alle drei vorgestellten Hotels dürfen sich zurecht rühmen, zu den Besten ihres Standes zu gehören. Und doch verfolgt jedes Haus sein eigenes Konzept beim Bett, was sich letztlich auch im Ergebnis niederschlägt. Untersucht wurden das Les Trois Rois in Basel, das Bellevue Palace in Bern und das Grand Hotel National in Luzern. Alle Buchungen wurden direkt vorgenommen und bei der Buchung auch jeweils der Wunsch nach einem zusätzlichen Nackenkissen geäußert.

Der HOTEL-BETTEN-TEST

Bislang 60 getestete Hotel-Betten bedeuten mehr als 60 verbrachte Nächte sowie über 1.000 gezogene Proben, allein um die Hygiene zu testen. Alle Tests erfolgten ohne Vorankündigung und ohne Wissen der Hotels. Alle Übernachtungen wurden voll bezahlt, gebucht wurde zu über 90 Prozent direkt. Die Tests wurden weder durch die Hotels bestellt, noch wurde den Hotels ein Angebot unterbreitet oder gar ermöglicht, Einfluss auf Ergebnis und Berichterstattung zu nehmen. Lediglich vor einer redaktionellen Berichterstattung werden die Hotels über den dann bereits erfolgten Test informiert und um weitere Auskünfte gebeten. Die Auswahl der Hotels erfolgt nach dem Zufallsprinzip, gleichwohl wird auf eine ausgeglichene Struktur hinsichtlich Kategorie, Größe, Preis usw. geachtet.
(Zum statistischen Ansatz der Auswertung siehe www.schlafenspezial.de: „Wie-sauber-sind-Hotel-Betten?“).

Ausstattung & Schlafkomfort

Alle drei Hotels hatten den Wunsch eines extra Nackenkissens problemlos erfüllt. So fanden sich im Les Trois Rois entsprechend nach der Aufbettung auch drei Kissen auf dem Bett, inklusive des Nackenkissens, das sich als viergliedriges, mit Daunen und Federn gefülltes Kissen bot. Im Bellevue waren es in Summe dagegen sieben Kissen, wobei die zwei Zierkissen nicht zum Verbleib im Bett für die Nacht gedacht waren. Das Nackenkissen, hier in Nierenform, wies eine Füllung aus druckentlastendem Schaum aus. Das National hatte zwar auch insgesamt sechs Kissen im Bett, dafür aber alle voll nutzbar und das Nackenkissen gehörte sogar ohne Extrabestellung bereits zur Bettausstattung. So waren das kleine 30×40 Zentimeter große Zierkissen, wie auch das 50×70 Zentimeter große Kopfkissen jeweils ein vollwertiges Federkissen mit entsprechendem Bezug. Und das dritte, zirka 50×80 Zentimeter große Kissen war ein 2-in-1-Kissen, mit einer weichen Seite aus Fasern und einer festen Seite mit einer druckentlastenden Schaumplatte. Das ist natürlich eine pfiffige Lösung im National, verfügt man auf diese Weise doch bei drei Kissen pro Gast über vier verschiedene Kissenlösungen hinsichtlich der Stützkraft in einem Bett und erspart sich so den Service, dem Gast auf Wunsch noch ein extra Kissen bringen zu müssen.

Die Hotel-Betten präsentierten sich optisch in einer interessanten Bandbreite. Alle drei waren mit Hussen ausgestattet, aber mit unterschiedlichen Kopfteilen. Das Les Trois Rois mit einem stoffbezogenem Wandpaneel, das Bellevue mit Holz und das National mit herrlich altmodischem, goldfarbenem Metallgestänge. Alle drei Betten passten optisch perfekt in ihre Umgebung. Bei den Zudecken wurde in allen drei Hotels das Komfortmaß 160×210 Zentimeter geboten, aber nur das Bellevue hatte ein Bett in Komfortgröße von zwei 100×210 Zentimeter. Das Les Trois Rois offerierte eine durchgehende 160x200er Matratze und das National zwei 100x200er Matratzen. Die Höhe einer Matratze sagt nicht zwingend etwas über den Liegekomfort aus, jedoch betrug diese im Les Trois Rois und im National gemessene 20 Zentimeter, im Bellevue 18 Zentimeter. Dafür wurde dort aber noch ein zusätzlicher, 200×210 Zentimeter Federkern-Topper mit stattlichen zirka acht Zentimetern geboten. Zudem hatten Les Trois Rois und Bellevue ihre Matratzen auf einer Unterfederung gebettet, was grundsätzlich den Schlafkomfort steigert, vor allem in Seitenlage. Im Les Trois Rois und im National waren die Matratzen und andere Elemente im Bett recht neu, im Bellevue, das mit einem Matratzenaufbau von zirka 26 Zentimeter plus Unterfederung besonders gepunktet hat, wäre eine solche Erneuerung jetzt aber zeitnah geboten.

Hygiene

Bei der Hygiene im Hotel-Bett wurden unterschiedliche Konzepte verfolgt. So waren zwar in allen drei Hotels Hygieneschutzbezüge (Encasings) für die Matratzen im Einsatz, das Les Trois Rois hingegen hatte aber auch seine Kissen mit einem solchen Schutzbezug ausgestattet. Zudem hatte die dort befindliche Matratze als einzige auch einen abnehmbaren Bezug, damit dieser extra gewaschen werden kann. Das ist wichtig, denn ein Hygieneschutzbezug für die Matratze bietet keinen hundertprozentigen Schutz vor Verschmutzung der Matratze. Ein Hygieneschutzbezug, speziell für die Matratze, hat aber auch seine Nachteile, gerade was die Dampfdurchlässigkeit anbelangt, da es sich im Prinzip um eine Plastikfolie mit mehr oder weniger Membraneigenschaft handelt. Nicht ohne Grund wird deshalb oft vom „Schwitzeffekt“ bei Encasings gesprochen. Diesem Problem begegnet das National in Luzern aktiv gleich mit zwei zusätzlichen Frottee-Spannbezügen, die über dem Encasing liegen. So wird etwas mehr Distanz zum Encasing geschaffen und das Frottee kann Feuchtigkeit besser aufnehmen. Mit diesen weiteren Elementen, die den Schlafkomfort auf der einen Seite fördern, erhöht sich aber andererseits auch der Pflegeaufwand für das Bett, zumal das National auch noch ein zweites Bettlaken einsetzt, das nach oben zwischen Gast und Zudecke zum Einsatz kommt.

Und hier wirken sich die unterschiedlichen Vorgehensweisen der Hotels aus. Denn das Les Trois Rois besticht durch eine gewisse Puristik. Keine Tagesdecke, kein Zierkissen und nur für eine Person bestückt. Das ist für ein Hotel in dieser Kategorie ungewöhnlich sparsam, aber jetzt, in Zeiten von Corona, bewusst so angelegt. Denn nicht alle textilen Zutaten eines Bettes sind waschbar. Und weniger Elemente im Bett helfen, sich auf die verbleibenden besser zu konzentrieren und nichts zu vergessen. Denn dieser sparsame Einsatz hat zur Folge, dass im Les Trois Rois in Basel letztlich nur 13 Elemente im Bett zum Einsatz kamen, zählt man alle Bezüge, Kissen und Laken extra. Im Bellevue in Bern und im National in Luzern waren es hingegen weit über 20. Und jedes Einzelne gilt es im Auge zu behalten, zu pflegen und zu waschen. Da kann auch mal etwas durchrutschen, zumal auch Encasings regelmäßig gewaschen werden müssen, da sie viel schneller verschmutzen als eine Matratze. In allen drei Hotels waren die Encasings auch jeweils eine Schwachstelle. Vor allem aber: Tagesdecken, Zierkissen & Co., so schön sie auch sein können – wirklich richtig reinigen lassen sie sich kaum. Alle drei Hotels haben bei dem HOTEL-BETTEN-TEST jedoch die Anforderungen hinsichtlich der Hygiene (CLEAN-SLEEPING) erfüllt (Hygieneindex < 2.000), womit, gemessen an dieser Stichprobe, die Schweiz gut aufgestellt scheint. Denn bei den bislang getesteten Hotels schafften gerade mal 30 Prozent auf Anhieb den Sprung in diese Hygieneklasse.

Fazit

Eine Klasse für sich ist jedoch das Les Trois Rois in Basel. Durch eine bewusste, konsequente Reduzierung auf das Wesentliche sowie ein enges Monitoring, was sich vielleicht auch aus dem Verhältnis von Housekeeping zur Zimmerzahl ableiten lässt, werden in Basel noch deutlich bessere Werte erzielt. Das hat natürlich alles auch seinen Preis. So war das Zimmer im Les Trois Rois mit 450 CHF für eine Übernachtung auch um gut 100 Franken teurer als vergleichbare Zimmer im Bellevue Palace in Bern oder National in Luzern – wohl wissend, dass eine direkte Vergleichbarkeit der Zimmer nur schwer möglich ist. Sofern der Mehrpreis in Basel mit in die Hygiene geflossen ist, hat sich das aber auch gelohnt. Denn von allen bislang 60 getesteten Hotel-Betten in der Schweiz und Deutschland hat das Les Trois Rois mit einem Hygieneindex von < 500 die besten je gemessenen Hygienewerte! Dazu kann man nur gratulieren.

Wer aus diesem Test ein Fazit ziehen möchte, kommt zu dem Ergebnis, dass es sich lohnt, das Housekeeping auf- und, betreffend der eingesetzten Elemente, das Bett abzurüsten. Das lässt die visuelle Erscheinung des Bettes natürlich sparsamer aussehen, aber die Gäste werden es zu würdigen wissen, wenn ihnen erklärt wird, warum. Hygiene hat seinen Preis. Richtig vermarktet aber auch Wirkung beim Gast.

Empfehlung

Wenn Hygieneschutzbezüge (Encasings) im Einsatz sind, gilt es nicht nur deren Reinigungsrhythmus besonders im Auge zu behalten, sondern auch, deren Wirkung nicht zu überschätzen. Daher sind zum Waschen abnehmbaren Bezüge bei der Matratze sehr sinnvoll. Hier gehört das Les Trois Rois zu einer kleinen, aber weitsichtigen Minderheit von gut zehn Prozent aller bisher getesteten Hotels, die dieses Thema ernst nehmen, investieren und damit auch entsprechend erfolgreich sind. Dieses Hygieneniveau lässt sich nur noch steigern beziehungsweise halten durch das Waschen des Matratzenkerns, denn auch der verschmutzt mit der Zeit. Bei dem Thema Hygiene immer einen Schritt weiter zu sein, zahlt sich also aus – nicht nur in Zeiten von Corona.