Früher haben die Hoteliers einen Bogen um das Wort gemacht, heute werben sie damit – nicht freiwillig, sondern weil die Corona-Krise dazu zwingt: H Y G I E N E. Aber Vorsicht! Denn wer Hygiene sagt, muss auch Hygiene liefern. Und alle, die mit neuen, tollen Hygiene-Konzepten punkten wollen, müssen die Frage beantworten können, was denn nun der Unterschied zu früher ist. Gab es da keine Hygiene? Hier ist jetzt nicht die Rede von Mund-und Nasenschutz, Abstandshaltern und Desinfektionsmittel-Spendern. Es geht um Hygiene dort, wo der Gast den größten Teil seines Hotelaufenthaltes verbringt: im Zimmer, besonders im Bett und im Bad.
Von bahnbrechenden Hygienekonzepten nicht nur großer Hotel-Ketten ist jetzt überall zu lesen, die mit oder ohne Chemie jedes Zimmer desinfizieren, um es dem Gast maximal virenfrei zur Verfügung stellen zu können. Und genau hier liegt ein Problem: Was kann das Hotel wirklich leisten, was verspricht es und was glaubt der Gast erwarten zu dürfen? Es gilt aufzupassen, nicht zwischen Anspruch und Wirklichkeit zerrieben zu werden. Denn weil es noch keine überprüfbare, allgemeinverbindlichen Standards gibt, werden die Ansichten darüber, was echte Hygiene ist, zwangsläufig auseinandergehen. Und ungeachtet der Standards sollte sich jeder im Klaren darüber sein, welche Faktoren hier eine Rolle spielen. Denn es sind jene, an denen bislang gerne gespart wurde – in der Annahme, der Gast merke es nicht.
Beispiel Housekeeping: Nur ausgestattet mit einem guten Hygieneplan, der dafür notwendigen Schulung sowie ausreichend Zeit pro Zimmer, lässt sich Hygiene überhaupt darstellen. Gefolgt von den verwendeten Produkten und Materialien in Zimmer, Bett & Bad. Sie müssen entsprechend reinigungsfähig sein, was oft genug nicht der Fall ist, und dann nach Plan auch gereinigt oder gewaschen werden. Notwendig sind auch die richtigen Reinigungsmittel und -geräte, die sorgfältig und nach genauer Anleitung zu verwenden sind. Das alles ist mit Kosten verbunden – Kosten, die früher gerne vermieden wurden.
Was also tun, um auf der sicheren Seite zu sein und nicht auf den Kosten sitzen zu bleiben? Antwort: Die Situation als Chance begreifen! Wieso nicht Hygiene-Standards entwickeln, sie einhalten und damit werben? Das schafft Klarheit und Sicherheit auf beiden Seiten, beim Gast wie beim Hotelier, beschert Vorteile gegenüber Anbietern wir Airbnb & Co.
Für das Siegel der Hygiene ist der Gast mehr als bereit, eine höhere Zimmerrate zu akzeptieren. Wer stattdessen mit dem Preis in den Keller geht, um das Haus endlich wieder voll zu haben, Hygiene nur als Werbung nutzt und weiter an der Kostenschraube dreht, wird sein blaues Wunder erleben, aber vielleicht nicht überleben. Es ist die Stunde der Verbände, einheitliche Standards zu etablieren und die Stunde der Branche, dies umzusetzen. Denn Hygiene ist mehr als ein Wort in der Werbung.