Infos zum Hotel Andaz, München
Zimmer: 277
Eröffnung: Februar 2019
Test: September 2019
Bezahlte Rate: 389 Euro inkl. Frühstück
Klassifizierung: 5 Sterne (Selbstangabe)
Das neue 5-Sterneprodukt der Hyatt Hotels Corporation in München wirbt damit, das „lifestyligste unter den Münchner Luxushotels“ zu sein und unterstreicht, den Charakter des Standortes aufzugreifen – mit starkem lokalen Bezug, individuell gefertigten Materialien und damit, nicht von der Stange zu kommen. Die Aussage der Innenarchitektin („Die große Herausforderung war, das Münchnerische nicht platt, sondern auf abstrakte Art und Weise, gleichzeitig modern und chic umzusetzen.“) macht neugierig. Wir wollten wissen, was das für das Bett bedeutet. Zeit für einen Besuch.
Buchung & Check-In
Das Andaz selbst ist nicht offiziell klassifiziert, stellt sich aber in den Medien als 5-Sterne-Hotel vor und operiert mit einer Zimmerrate von 389 Euro. Gebucht wurde via Telefon, inklusive eines zusätzlichen Kissens für das Zimmer, wenn möglich ein orthopädisches Nackenstützkissen. Das Hotel bietet von sich aus keine weiteren Leistungen rund um das Bett an. Im Internet erfährt der Gast nur, dass es sich um ein King-Size Bett bzw. King-Bett handeln wird. Der Check-in verläuft mit dem Hinweis, noch ein junges Team zu sein und sich noch in der Einarbeitung zu befinden. Weitere Fragen zu gesonderten Wünschen, die Nacht betreffend, werden nicht gestellt.
Ausstattung
Das Zimmer wartet mit dem angekündigten King-Size-Bett im Format 180 x 200 Zentimeter auf, das den Raum mit seiner Größe dominiert. Jeweils zwei Kissen pro Liegeseite (50 x 75 Zentimeter) mit einer von der Ente stammenden 70-prozentigen Feder- und 30-prozentigen Daunenfüllung stehen zur Verfügung. Das bei der Buchung bestellte zusätzliche Kissen wurde nicht geliefert. Die schöne große Zudecke im Format mit Überlänge (240 x 230 Zentimeter) hat eine 90-prozentige Daunen- und 10-prozentige Federfüllung, ebenfalls von der Ente. Die Matratze im Format 24 x 180 x 200 Zentimeter verfügt über einen Bezug, der einseitig (Liegeseite) mit einem per Reißverschluß abnehmbaren, gepolsterten Deckel ausgestattet ist. Die Matratze selbst ruht auf einem Massivholzbrett, das auf laminierten Sperrholz- bzw. MDF-Platten montiert ist. Matratze und Kissen sind mit Hygieneschutz-Bezügen ausgestattet. Hinweise auf ein zusätzliches Kissenmenü etc. finden sich im Zimmer nicht. Das Bett selbst macht einen aufgeräumten Eindruck, fällt aber deutlich hinter dem sonst design-orientierten Look des Zimmers zurück und reduziert sich dabei auch noch auf das absolute Minimum, eine horizontale Liegefläche mit zwei identischen Kissen für den Kopf nebst Zudecke. Das ist gerade mal Minimalausstattung, erfüllt aber weder die formalen Kriterien einer Klassifizierung noch die Erwartungen eines 5-Sterne-Gastes.
Schlafkomfort
Die Haptik der tadellos gepflegten Bettwäsche samt Laken ist ohne Beanstandung und entspricht dem Standard. Die zwei Kissen erfüllen nur eingeschränkt ihre Aufgabe, den Kopf zu stützen. Da das zusätzlich bestellte Kissen nicht geliefert wurde, werden jene, die ihren Kopf etwas mehr gestützt haben wollen genötigt, wenn man nicht flachliegen möchte, die Kissen zu stapeln. Die Matratze darf in der Kategorie fest bis extrafest verortet werden, was sich mangels Unterfederung in Seitenlage ausgesprochen negativ auswirkt. Da helfen auch nicht die leichten Polsterungen bei Hygieneschutzbezug und Matratze. Schulter und Becken können nicht ansatzweise einsinken, um die Wirbelsäule in Seitenlage gerade auszurichten. Wer hier auf der Seite liegen möchte, wird zur häufigen Rotation gezwungen, um Schmerzen in der Schulter vorzubeugen. Auch das Zusammenspiel von Bett und Klimaanlage, die ihre Luftauslässe genau über dem Kopfteil des Bettes hat, fällt negativ auf. Der September war warm, das Zimmer aufgeheizt und ein Öffnen des Fensters ist an der Leopoldstraße auch in der Nacht keine gute Idee. Dafür gibt es ja Klimaanlagen. Aber wenn einem nachts die kalte Luft genau auf den Kopf geblasen wird, fördert dies nicht gerade die Schlafintensität. Lösung bestand in einer 180-Grad-Wendung und das Ausrichten des Kopfes in Richtung Fenster. Hier muss sich der Gast sprichwörtlich dem Bett anpassen.
Hygiene
Bettwäsche und Bettlaken sind hygienisch in erstklassigem, einwandfreiem Zustand. Der Blick unter die Bettwäsche offenbart hingegen Mängel: So stößt man sogleich auf einen markanten Fleck auf einem der Schutzbezüge der Kissen. Das kann immer passieren – man kann es dann aber auch waschen. Auf dem leicht gepolsterten Hygieneschutz-Bezug für die Matratze sind Haare zu finden, ohne extra danach suchen zu müssen. Beides, Fleck und Haare, zeugen davon, dass dem Housekeeping wohlmöglich die Anweisungen fehlen, auf was zu achten ist und/oder die Zeit bzw. Ersatz, um entsprechend reagieren zu können. Die gemessenen Proben bestätigen den ersten Eindruck: Hygieneschutz-Bezüge und Kissen liegen deutlich über dem Durchschnitt der allgemeinen Hygienewerte für diese Produkte. In der Summe ergibt sich ein Hygieneindex von 2.269 und damit eine Einordnung in die Hygieneklasse 3, was für ein brandneues Haus in dieser Kategorie (Basis Hygienestudie, vgl. Cost & Logis Check Up 07/19) ungewöhnlich ist.
Check-Out
Beim Check-out wird die Frage nach der allgemeinen Zufriedenheit mit dem Hinweis auf das Fehlen des extra bestellten Nackenstütz-Kissens und einer harten Matratze beantwortet. Das Fehlen des Kissens wird sogleich entschuldigt, aber auf die Frage, was für eine Art Kissen es denn gewesen wäre, kam keine Antwort. Hinsichtlich der harten Matratze gibt man sich irritiert. Weder auf dem Zimmer noch in einer später gesendeten Mail zur Beurteilung des Aufenthalts wird konkret nach dem Bett bzw. der Nachtruhe gefragt, dafür kann man seine Angaben allenfalls unter sonstiges machen.
Fazit:
Eine Idee davon, was man zu erwarten hat, hätte man beim Blick hinter die Glasfront bekommen können, die sich im Foyer befindet und hinter der sich das Restaurant des Hauses verbirgt. Der optische Clou dieser langen Glasfront sind dutzende Hackklötze aus Holz, die fein säuberlich aufgereiht in einzelnen Glasfächern stehen und in denen, sehr markant und im exakt gleichen Winkel Hackebeile aus der Küche steckend ihre (vorläufig) letzte Ruhestätte gefunden haben. Ein optischer Hingucker, sehr beeindruckend. Holz als Stilmittel passt zu München, keine Frage. Und ein Bett mit einem optisch sichtbaren Holzgestell, in welchem Unterfederung und Matratze ruhen, würde dem Haus auch gut zu Gesicht stehen. Aber ein Brett als Unterlage für die Matratze in einem Luxushotel mit dem Anspruch von 5 Sternen, dazu ein nicht überzeugendes Betten-Hygiene-Management sind ein NO-GO. Die dürftige Ausstattung beim Bett und offensichtliche Pannen bei der Hygiene zeugen davon, dass sich diese Leistung weniger an den Bedürfnissen und Ansprüchen des Gastes ausrichtet, denn an strengen Budget-Vorgaben und vor allem an einer zu ausgeprägten Design-Orientierung. Zumindest beim Bett sollte Design nur Mittel zum Zweck sein, kein Selbstzweck. Indiz für eine bewusst sparsame Ausstattung ist auch die Verwendung von Ente (günstig) statt Gans (teurer) bei Feder und Daune, ebenso das Herkunftsland China und das Fehlen eines Hinweises bzgl. Totrupf (wem am Tierwohl gelegen ist, der vermeidet Lebendrupf und sagt das auch, was es nicht günstiger macht). Das alles zeugt nicht von übergroßer Wertschätzung gegenüber einem Gast, der ein solches Hotel für 389 Euro die Nacht nur bucht, um im Bett mindestens erholsam und mit gutem Gewissen zu schlafen, maximal aber mit einem erlesenen Angebot für sein Schlaf- und Erholungsbedürfnis entzückt zu werden. Mit dem hier getesteten Betten-Angebot ist das Andaz, so das Fazit von Schlafen Spezial, auf dem Holzweg.
Wie es auch anders geht, zeigt der Bayerische Hof in München, ein offiziell klassifiziertes 5-Sterne-Superior-Hotel, das im Oktober 2019 getestet wurde. Bezahlte Rate: 320 Euro. Hier erwartet den Gast ein durchweg gepflegtes Bett mit ausgezeichneten Hygienewerten (Hygieneindex 728, Hygieneklasse 1) und sehr gutem Liegekomfort. Ein zusätzlich bestelltes, orthopädisches Nackenkissen wird dem Gast wie selbstverständlich zur Verfügung gestellt. Hier stimmt das Preis-Leistungs-Verhältnis – und das Münchnerische wie auch Bayerische strömt einem ohne jeden Design-Schnick-Schnack aus jeder Pore entgegen. Gerade, weil auch hier mit Holz gearbeitet wird – aber nur da, wo es auch hingehört.
Das sagt das Hotel:
Dem Andaz wurde nach dem Test die Gelegenheit gegeben, Fragen zu verschiedenen Aspekten zu beantworten, um Sachverhalte zu erhellen oder Bewertungen relativieren zu können. Von Seiten des Hotels bestand aber weder Interesse an einer Stellungnahme, noch das über ihre Betten berichtet wird.
Empfehlung:
Ein junges Haus und ein entsprechend junges Team brauchen sicherlich Zeit, um sich einzuspielen. Gleichwohl sollte das Betten-Management kritisch geprüft und dem Housekeeping mehr Zeit für die daraus resultierende Umsetzung gegeben werden. Zudem, wer schon Hygieneschutz-Bezüge einsetzt, muss auch diese regelmäßig waschen. Das Angebot an den Gast sollte vor dem Hintergrund des 5-Sterne-Anspruchs zwingend überarbeitet werden. Und was die Bretter anbelangt? Noch mehr Holzklötze daraus zu machen und sie vor das Restaurant zu stellen, ist keine Lösung. Sie im Bett zu belassen, aber auch keine.
NEU: Der HOTEL-BETTEN-TEST
Ob Speisen, Getränke oder Autos – in Deutschland wird alles auf den Prüfstand gestellt. Die Stiftung Warentest ist eine Institution. Und so verwundert es nicht, dass längst auch Hotels ins Visier der Tester geraten sind. Nur Hotel-Betten nicht. Dabei handelt es sich um den meistgenutzten Gegenstand jedes Hotels. Das Bett ist der Ort, an dem wir alle uns mindestens einmal täglich zurückziehen, um Ruhe zu finden, Kraft zu schöpfen und abzuschalten. Und sind wir in der Fremde unterwegs, sei es beruflich oder privat, dann ist dieser Ort das Hotel-Bett. Grund genug, „die“ Kernleistung des Hotels zu begutachten.
Ab diesem Jahr werden im Magazin Cost & Logis (Deutschland) und im „Hotelier“ für die Schweiz Hotel-Betten-Tests veröffentlicht: Es wird die Leistung getestet, die ein Hotel seinen Gästen mit dem Bett bietet.
Geistige Väter dieser Tests sind Jens Rosenbaum und Dr. Hans R. Amrein. Beide sind hauptberuflich Journalisten. Rosenbaum ist Herausgeber der Zeitschrift Schlafen Spezial, Amrein Chefredakteur des „Hotelier“ und Herausgeber von „hotelINSIDER“. Sie haben 2019 gemeinsam das Fachbuch „Das Hotel-Bett“ publiziert. Amrein ist zudem Hoteltester sowie Dozent an Hotelfachschulen, Rosenbaum diplomierter Schlafberater und seit über 25 Jahren in der Bettenbranche aktiv. Rosenbaum und Amrein haben ihr Wissen gebündelt und basierend auf dem Stand des Möglichen Anforderungen formuliert, Grundlage für jeden Test. Was muss ein Hotel-Bett mindestens leisten und was wird tatsächlich geboten? Über 80 Kriterien werden berücksichtigt, Ausstattung, Liege- bzw. Schlafkomfort, Hygiene, Service u.v.m. bewertet. Der HOTEL-BETTEN-TEST soll Orientierung bieten und anregen, die wichtigste Leistung eines Hotels mit der gleichen Aufmerksamkeit und Hingabe zu erbringen, wie in anderen Bereichen der Hotellerie auch.
Kurz erklärt: Der HOTEL-BETTEN-TEST
Der Test besteht aus 80 Kriterien, die zu folgenden Fragestellungen erhoben werden (die Zahlen in Klammern geben die Gewichtung wieder):
- Buchung & Check-in (5%) – Werden Gäste vor der Anreise nach ihren Wünschen zum Bett befragt und wie werden sie berücksichtigt?
- Ausstattung (20%) – Was wird dem Gast tatsächlich geboten?
- Liegekomfort (30%) – Wie weit kommt die Bettausstattung dem allgemeinen wie individuellen Liegebedürfnis des Gastes entgegen?
- Hygiene (40%) – Wie sauber ist es im Hotel-Bett?
- Gästebefragung & Check-out (5%) – Werden die spezifischen Erfahrungen des Gastes mit seinem Bett bei oder nach Abreise erfasst?
Die Tests werden ohne Ankündigung durchgeführt, jedes Hotel bekommt aber nach dem Test einen Fragebogen, um einzelne Ergebnisse kommentieren zu können. In der Gesamtbewertung werden maximal 5 Punkte vergeben. Sonderpunkte gibt es für
- Green-Sleeping für besonders gesunde, ökologische bzw. nachhaltige Bettausstattungen
- Smart-Sleeping bei einer Bettausstattung, die sich in Teilen oder ganz dem individuellen Liegebedürfnis des Gastes anpasst
- Clean-Sleeping wenn umfassende Pflege- und Hygienemaßnahmen dauerhafte Sauberkeit sicherstellen können
Verantwortlich für den HOTEL-BETTEN-TEST ist Jens Rosenbaum, u.a. Verleger des Magazins Schlafen Spezial, Journalist, Fachbuchautor und beratend tätig für Handel und Industrie: www.schlafenspezial.de
Benotung / Beschreibung | Note |
herausragend | 1 |
Sehr gut | 2 |
gut | 3 |
befriedigend | 4 |
ausreichend | 5 |
Totalausfall | 6 |