Investment: Drachen zähmen leicht gemacht

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Investment: Drachen zähmen leicht gemacht

„Die Chinesen kommen!” So oder ähnlich lauteten zuletzt oft die Headlines, wenn es um die „Einkaufstouren“ großer Investoren aus dem Reich der Mitte ging. Dafür wird oft das Bild eines aggressiven Investors heraufbeschworen, der europäische Unternehmen aufkauft, womöglich alles ungefragt umkrempelt und sich nicht um Werte und Geschichte dieser Unternehmen schert.

Zugegeben, bei den Fusionen und Übernahmen in den letzten Jahren kann einem schon fast schwindelig werden: HK CTS akquiriert 54 Kew Green Hotels, Jin Jiang kauft Louvre und Fosun Club Med, Frasers Hospitality erwirbt das Swire Hotels Portfolio, ein chinesischer Investor das Radisson Blu Resort & Spa Sun Gardens in Dubrovnik, Fico Corporation das Dominvs Portfolio, die HNA Group zuerst die Carlson Hotels aus den USA und dann 25 Prozent der Anteile an Hilton Worldwide sowie UCity Vienna House – und das ist nur eine Auswahl. Fakt ist auch, dass die Zahl der Touristen in Europa, die aus Asien, allen voran aus China anreisen, zunimmt. Das ist ein Grund, warum asiatische Investoren und Betreiber Europa für sich entdeckt haben.

Dennoch sind Ängste oft unbegründet: Vielen Investoren geht es um eine sichere Kapitalanlage im Ausland und um die Rendite. Auch der Eroberung Europas durch Ketten wie Nikko, Toyoko Inn, Frasers und Plateno muss der hiesige Hotelmarkt ja nicht tatenlos zusehen. Es gibt Möglichkeiten, den eigenen Hotelbetrieb für die „neue“ Zielgruppe fit zu machen. Etwa dadurch, dass der Service in den Hotelzimmern erweitert wird. Wer außerdem Zeitungen und andere Medien, Speisekarten, Stadtpläne, die eigene Website sowie die Beschriftung im Hotel in einer asiatischen Sprache anbietet und vielleicht sogar asiatisches Personal hat, kann bei Gästen aus dem Fernen Osten sicherlich Bonuspunkte sammeln. Die Kür wäre eine Anpassung der Buchungs- und Zahlungsmethoden an die Zielgruppe sowie entsprechendes Marketing in den Herkunftsländern.

Ob Investoren oder Betreiber – wichtig im Umgang mit Asiaten ist die interkulturelle Kompetenz: Chinesen wiederholen in Verhandlungen beispielsweise gern bereits Fixiertes. Was für uns wirkt, als würden alte Themen neu aufgerollt, ist aus Sicht unserer Geschäftspartner nur ein Besinnen auf erreichte Meilensteine. Hierarchien haben eine hohe Bedeutung. Die „wichtigsten“ Personen beim Essen zuerst bedienen, die Tischordnung nach Hierarchie festlegen, beim Anstoßen das eigene Glas tiefer als das des Gegenübers halten sind ein guter Anfang. Je wichtiger die Person, umso höher das Stockwerk im Hotel, in dem sie untergebracht werden soll. Außerdem: Die Zahl 4 bringt Unglück. Wer sich also die Mühe macht, den Drachen kennenzulernen, für den muss er keine Bedrohung sein.

 

Der Autor Lukas Hochedlinger ist
Managing Director Central & Northern
Europe von
Christie & Co.