Der Beruf des Revenue Managers hat sich längst etabliert. Mittlerweile liegen bei allen namhaften Hotelketten die Entwicklung von Preis- und Distributionsstrategien, die wettbewerbsgerechte Positionierung und das taktische Pricing in den Händen von Revenue Managern. Zunehmend ziehen auch Individual-Hoteliers nach. Denn wer das Ertrags-Management in einer abteilungsübergreifenden Funktion bündelt, profitiert von deutlichen höheren Preisen, Auslastungen- und Gewinnmargen. Thomas Corinth, Lehrverantwortlicher für Hotel Management an der IST-Hochschule, weiß warum und zeigt auf, was für modernes Revenue Management notwendig ist.
Das Ziel des Revenue Managements ist eindeutig: Umsatz und Markanteile des Hotels sollen durch Optimierung von Rate, Auslastung und vor allem der Umsatz pro verfügbarem Zimmer maximiert werden. Dafür analysieren Revenue Manager in immer mehr Hotels Belegungszahlen, Buchungszeiträume und Raten, erstellen Trendanalysen sowie Nachfrage- und Kapazitätsprognosen und gestalten anhand dessen die Preisstrategie.
Richtig umgesetzt, kann Revenue Management schnell zum Umsatz-Turbo werden. „Als erstes müssen die Hotels eine strategische Entscheidung treffen“, rät Thomas Corinth, der an der Düsseldorfer Fernhochschule unter anderem „Operatives und Strategisches Hotelmanagement“ sowie „Revenue Management“ lehrt. „Die Kernfrage ist: Will ich den letzten Tropfen aus der Zitrone herausholen?“ Das ist nicht nur eine Frage des Aufwandes, sondern vielmehr der Grundauslastung. Nur dort, wo zum Beispiel durch Messe- oder Veranstaltungen eine entsprechende Nachfrage gegeben ist, macht das Ganze überhaupt Sinn. „Revenue Management lohnt sich erst bei einer Grundauslastung von 70 Prozent aufwärts, bei 55 Prozent Belegung ohne größere saisonale Auslastungsschwankungen bin ich im Grunde genommen über jeden Gast froh“, kommentiert Corinth. Auch in der Privathotellerie wird häufig ganz bewusst auf den Einsatz von Revenue-Management-Methoden verzichtet, da den Betreibern sehr viel mehr an nachhaltigen Kundenbeziehungen liegt, als daran, den letzten Cent auszureizen.
Ist die strategische Ausrichtung geklärt, gilt es, eine entsprechende Position zu schaffen. Revenue Management ist nicht mal eben zwischen Reservierung, Check in am Front Office und Sales-Termin zu machen. Die Funktion des Revenue Managers muss definiert sein. Ein potenzieller Mitarbeiter braucht für diese Funktion Zahlenverständnis, Qualifikation durch Schulungen und Zeit für sorgfältige Analysen. „Mit das wichtigste jedoch, was die Position braucht, ist eine entsprechende Kompetenz bzw. Befugnis“, betont Corinth. „Soll Revenue Management konsequent umgesetzt werden, darf sich auch der Hotel-Direktor nicht über die strategische Rate hinwegsetzen und in Messezeiten seinen Buddies Zimmer zu günstigeren Konditionen überlassen.“
Revenue Manager interagieren abteilungsübergreifend mit eCommerce, Reservierung, Empfang, Sales & Marketing sowie Veranstaltungsverkauf, und zeichnen sich durch ihre ganzheitliche Sichtweise aus. „Einem Revenue Manager obliegt die Steuerung des Ganzen, er ist der Controller (nicht nur) der Logiserlöse“, so Corinth.
Modernes Revenue Management benötigt eine starke User Intelligence, bestimmte Freiheiten und Mut zum Risiko. Soll heißen: Revenue Manager brauchen neben professionellen Tools eine ordentliche Portion Fingerspitzengefühl, um die Preisschraube nicht zu überdrehen, was ihnen spätestens in der nächsten Krise um die Ohren fliegen könnte. Dann nämlich, wenn sich Gäste daran erinnern, wo sie sich während des letzten Messeaufenthalts abgezockt fühlten und beim nächsten Mal eben ein anderes Hotel wählen oder zum Beispiel mit Airbnb liebäugeln – und damit quasi „verloren“ sind.
Wichtigstes Werkzeug der Revenue Manager ist ein Demand Calendar, der mittels eines Ampelsystems transparent Auskunft darüber gibt, wann und von welchen Gästesegmenten mit welcher Nachfrage zu rechnen ist. Entsprechend können dann im Vorfeld Richtpreise und Preisstrategien festgelegt werden.
Von Anbietern wie etwa Fairmas, MKG oder STR Global werden Revenue Manager mit sogenannten Benchmark-Reports versorgt, die Berichte über die tagesgenaue Entwicklung von Tate, Belegung und RevPar liefern und so Auskunft darüber geben, wie sich „mein Hotel“ gegenüber dem Wettbewerb schlägt. Hotelketten und Individualhotels, die auf IT-gestütztes Revenue Management setzen wollen, brauchen neben den entsprechenden Programmen, die – aufgesetzt auf Front Office und Reservierungssysteme, bestimmte Buchungsempfehlungen und Preisvorschläge vorgeben – aber vor allem eines: Eine Klientel, die damit umgehen kann. Denn auch wenn längst quer durch viele Branchen Unternehmen ihre Preise – und damit letztlich ihre Kunden – dynamisch steuern, so sind zumindest reiseunerfahrene Gäste damit in der Regel nicht vertraut. „Die würde ich damit im besten Falle nur verwirren und schlimmstenfalls verärgern“, sagt Corinth. „Ich brauche Kunden, die mit flexiblen Preisen umgehen können und die wissen, warum beispielsweise der Flieger montags um 8.00 Uhr von Düsseldorf nach Berlin teuer ist als der um 13.00 Uhr, einfach weil morgens alle zu ihren Business-Terminen müssen.“
Ob Airlines, Freizeitparks, die Bahn oder mittlerweile die komplette Kettenhotellerie – sie alle arbeiten erfolgreich mit den komplexen Methoden des Revenue Managements. Diese Durchgängigkeit schafft wiederum Raum für Motel One Hotels, zu deren USPs auch ein transparentes Preis-System gehört. Betrieben der mittelständischen Hotellerie, die es sich nicht leisten kann oder noch zögert, einen gut ausgebildeten Revenue Manager einzusetzen und (noch) die sinnvolle Investition in Benchmark-Report scheut, bietet sich gleichwohl eine Alternative: Sie recherchieren fleißig selbst auf den Internetseiten ihrer Mitbewerber und auf denen von OTAs wie HRS oder Booking. Diese geben hinreichende Auskünfte über Preisniveaus und -entwicklungen pro Standort und Tag. Einmal richtig in das Wettbewerbsgeschehen von den Nachbarn, die Revenue Management professionell betreiben, einsortiert, können sie quasi das (Preis-)Rennen im Windschatten ihrer Wettbewerber fahren. „Wenn ich erst einmal plausible Preisabstände zu meinen drei bis vier wesentlichen Konkurrenten sowie typischen Hotels mit besserer wie schlechterer Ausgangsposition definiert habe, kann ich fortan und schnell Revenue Management by hand betreiben, indem ich mich zum Beispiel tagesaktuell 20 Euro über Hotel A, 50 Euro unter Hotel B und in etwa wie Hotel C einordne“, erklärt Corinth. „Am Anfang sollte aber in jedem Fall Schulung und Beratung aller Beteiligten stehen!“ Denn: Je komplexer die Systeme, desto vielseitiger die Risiken und Fehlerquellen und desto höher die Anforderungen an die (späteren) Revenue Manager.
Thomas Corinth …
… ist diplomierter Betriebswirt Touristik (FH) und MBA. Er verfügt über mehr als 25 Jahre Berufserfahrung in der internationalen Hotellerie und ist seit 2015 als Lehrverantwortlicher an der IST-Hochschule für Management für die Bachelor-Studiengänge Hotel Management verantwortlich. Seine berufliche Laufbahn bei der Deutsche Hospitality prägten verschiedene leitende Positionen in Controlling und Asset Management. Seit über zehn Jahren hält er Lehraufträge an verschiedenen Hochschulen inne und leitete diverse innerbetriebliche Schulungsprojekte.