Konsolidierung, KI und die neue Realität im Vertrieb

Konsolidierung, KI und die neue Realität im Vertrieb

Der Autor Sascha Hausmann ist CEO der Firma Busy Rooms. 

2025 hat die Spielregeln neu definiert. Laut, schnell und unumkehrbar – so haben wir das sich dem Ende zuneigende Jahr erlebt. Was vor wenigen Jahren noch Vision war, ist heute Realität: Künstliche Intelligenz im Pricing, Cloud-native Infrastrukturen im Vertrieb und ein Hotelmarkt, der sich radikal neu aufstellt. 2025 ist das Jahr, in dem Euphorie und Ernst aufeinandertreffen – und das eben dadurch Fortschritt möglich macht.

Die Post-Pandemie-Dynamik ist endgültig der Digitalisierungsreife gewichen. Hotelgruppen, Marken und Technologiepartner haben verstanden: Vertrieb ist analog längst nicht mehr steuerbar. Wer wachsen will, braucht Datenintelligenz, Geschwindigkeit und Präzision.

Konsolidierung mit System

Wir alle haben beobachten können, wie sich der Markt im Jahresverlauf verdichtet. Die Zahl der Fusionen und Übernahmen mittelgroßer Ketten ist gestiegen. Strategische Zusammenschlüsse sind kein Zufall, sondern eine Antwort auf Effizienzdruck, Fachkräftemangel und Investitionsanforderungen. Gleichzeitig war 2025 auch ein Jahr der Marktbereinigung: Mehrere regionale Marken haben dem steigenden Preisdruck und den ausufernden Personalkosten nicht mehr standgehalten. Die Großen dagegen haben zugelegt. Globale Player wie Accor, Marriott International und Hilton Worldwide bauen ihre Position aus. Lokale Anbieter verschwinden oder schließen sich an. Parallel dazu drängen Private-Equity-Häuser und Fonds in das Segment europäischer Mittelstandshotels – mit klaren Erwartungen an Professionalisierung, Skalierbarkeit und Datenkompetenz.

KI: Vom Schlagwort zur Stellschraube

Für uns war 2025 das Jahr, in dem sich KI als Steuerungsinstrument entwickelt hat. KI-basierte Preis- und Vertriebssysteme verändern die Art, wie Hotels Nachfrage steuern.  Prognosen wurden präziser, Reaktionszeiten kürzer, Margen stabiler. Aber: Die Qualität der Ergebnisse steht und fällt mit der Qualität der Daten. Wer seine Daten strukturiert, gewinnt – wer nicht, bleibt zurück. Und das geht leider vielen so. 

Gleichzeitig erleben wir eine Renaissance des Direktvertriebs. Metasuchmaschinen und intelligente Buchungslogiken versuchen wieder den Fokus weg von reiner OTA-Abhängigkeit hin zu einer echten Omnichannel-Strategie zu lenken. Cloud-basierte Lösungen mit offenen Schnittstellen und verlässlicher EU-Datensouveränität sind 2025 kein Wettbewerbsvorteil mehr, sondern Pflicht.

Personalisierungs-Engines, die Loyalty-Daten intelligent nutzen, werden den Buchungskreislauf neu definieren. Standardangebote sind passé – Relevanz zählt. Gäste erwarten, dass Hotels sie kennen, verstehen und situativ die richtigen Angebote unterbreiten. Technologie macht das möglich.

Realitätsschock im operativen Alltag

Die technische Entwicklung ist atemberaubend, die Realität im Alltag aber unverändert hart: Fachkräftemangel, steigende Kosten, fragmentierte IT-Landschaften. Viele Betriebe mussten entscheiden, ob sie investieren oder abwarten. Wir haben gesehen: Wer investiert, kann schneller reagieren, flexibler steuern und profitabler wachsen. 

Die Abhängigkeit von großen OTA-Plattformen bleibt ein Risikofaktor, auch wenn Direktvertrieb wächst. Gleichzeitig steigen die Anforderungen an Nachhaltigkeit – nicht nur bei Gebäuden, sondern auch bei Daten-Management, IT-Infrastruktur und Beschaffung. ESG-Kriterien sind längst fester Bestandteil von Ausschreibungen. Technologie ist kein Tool mehr, sondern zentraler Faktor unternehmerischer Verantwortung.

Chancen für die, die jetzt handeln

2025 hat gezeigt: Wer mutig ist, kann gewinnen. Zentralisierte Vertriebsstrukturen machen Prozesse nicht nur effizienter – sie eröffnen neue Spielräume für Margen und Wachstum. Die Zahl der Buchungen über eigene Kanäle steigt, Conversion Rates verbessern sich, Marketingbudgets wirken gezielter.

Das Leisure-Segment boomt weiter, B-Leisure hat sich als stabiles Standbein etabliert. Flexible Buchungslogiken und KI-gestützte Preisstrategien haben neue Nachfragepotenziale erschlossen. Die Auswertung vertriebsrelevanter Daten hat Revenue Management und Preisgestaltung auf ein neues Niveau gehoben.

Spannend ist vor allem die neue Form der Zusammenarbeit zwischen Hotelgruppen und Technologie-Anbietern. Statt reiner Lieferantenbeziehungen entstehen strategische Allianzen. Pilotprojekte zur Angebotsoptimierung zeigen, wie partnerschaftliche Innovation funktioniert – und warum sie dem Markt einen Schub gibt.

2026: Das Jahr der Automatisierung

Der Blick zeigt: 2026 wird das Jahr, in dem Automatisierung die operative Vertriebsebene dominiert. Channel- und Raten-Management werden KI-basiert, hybride Strategien aus Direktgeschäft und Marktplatzmodellen setzen sich durch. Sprachassistenz-Systeme werden Teil des Buchungsprozesses.

Technologie wird zur Schaltstelle aller Vertriebskanäle. Systeme kommunizieren nahtlos, Daten fließen in Echtzeit. Entscheidungen werden auf Basis von Fakten und Prognosen getroffen – nicht mehr aus dem Bauch heraus. Für uns bedeutet das: Wir entwickeln keine Tools mehr. Wir gestalten Infrastruktur.

Fazit: Wendepunkt erreicht

2025 hat die Wende eingeleitet. Die Hotellerie bereitet sich auf die digitale Reifeprüfung vor. Technologie ist heute wesentlich mitentscheidend für Wachstum, Stabilität und Wettbewerbsfähigkeit. Hoteliers und Tech-Anbieter sitzen längst nicht mehr auf verschiedenen Seiten des Tisches – sie entwickeln die Vertriebsmodelle der Zukunft Hand in Hand.

Unser Appell ist klar: Jetzt ist nicht die Zeit, zu zögern. Jetzt ist die Zeit, zu gestalten. Konsolidierung ist kein Risiko, sondern ein Hebel. KI ist kein Spielzeug, sondern ein Werkzeug. Und Technologie ist kein Kostenfaktor – sie ist der Motor für Profitabilität und Resilienz.

Das Hoteljahr 2025 hat angefangen, den Markt neu zu ordnen. 2026 wird zeigen, wer die neuen Spielregeln beherrscht – und wer nur zuschaut.