„Deutschland sollte seine Positionierung als Ziel für Freizeitreisende stärken“ 

„Deutschland sollte seine Positionierung als Ziel für Freizeitreisende stärken“ 

Pontus Berner ist Co-Founder und Managing Partner von berner + becker revenue management. Im Interview spricht er über Revenue Management, die Zahlungsbereitschaft der Gäste, Künstliche Intelligenz und das Zusammenspiel von Hoteliers und Technologie-Anbietern. 

Herr Berner, Kosten gehen durch die Decke, Umsätze kommen nicht hinterher. Weitere Preissteigerungen scheinen unausweichlich. Aber: Sind die Gäste dazu noch bereit? 

Ich glaube nicht, dass Gäste bereit sind, mehr zu zahlen. Die Belegungszahlen bestätigen das. Dennoch können Hotels ihre Umsätze steigern. Der Consumer Confidence Index (CCI) liegt weiterhin unter 100 – ein Niveau, das zuletzt während der Pandemie, zu Beginn des Ukrainekriegs und während der Finanzkrise 2008 erreicht wurde. Aber die Tendenz ist steigend. Der Wert liegt auf dem höchsten Stand seit Februar 2022. Gleichzeitig steht der Consumer Price Index (CPI) auf dem höchsten Stand seit 2020, was Inflation und Preiswachstum widerspiegelt. Gäste sind kurz- und mittelfristig nicht bereit, noch mehr Geld auszugeben. Dennoch können Hoteliers mehr verdienen, indem sie mehr Nachfrage generieren. Dafür brauchen sie Fachwissen in den Bereichen Technologie, Preisgestaltung, Vertrieb und Promotion. 

Deutschland liegt im EU-Vergleich der Übernachtungspreise weit hinten: Warum ist nicht mehr drin? 

Unter anderem, weil der deutsche Hotelmarkt zur Überkapazität tendiert. Die moderaten Belegungszahlen von im Schnitt rund 60 Prozent belegen das. Dazu kommen preissensible Gäste und steigende Betriebskosten. Keine guten Voraussetzungen, um höhere Preise durchsetzen zu können. Zumal der Anteil Geschäftsreisender in Deutschland recht hoch ist. Sie verfügen in der Regel über geringere Budgets als Freizeitreisende. Deshalb sollten die Deutschland-Touristiker die Positionierung des Landes als Freizeitreiseziel stärken.

Was können Hoteliers tun, um die durchschnittlichen Raten in den kommenden Jahren trotz eines gesamtwirtschaftlich schwierigen Umfelds zu steigern?

Hoteliers sollten ihren Fokus auf operative Exzellenz und Gästezufriedenheit legen – unterstützt durch strategisches Revenue Management, Technologie, Vertrieb und Marketing. Außerdem sollten sie eng mit lokalen Tourismusorganisationen zusammenarbeiten, um Nachfrage zu generieren.

Welche Möglichkeiten bieten den Betrieben in diesem Kontext modernes Revenue Management und Künstliche Intelligenz?

KI bietet enorme Möglichkeiten für Preisgestaltung und profitables Wachstum. Technologie-gestütztes Revenue Management ist unerlässlich, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Deutlich wird aber auch: KI liefert die besten Ergebnisse, wenn sie mit menschlicher Expertise kombiniert wird. Unter anderem bei Potenzialanalysen, der Budgetplanung, Fair-Share-Zielen, der Distributionsstrategie, dem Promotionsmanagement und Segmentierungs-Mix, Marketinginvestitionen, öffentlichen Tarifprodukten sowie Gruppen-, Firmen- und Großkundenverträgen.

Was können Hoteliers im Revenue Management von anderen Branchen lernen? 

Da kann ich die Teilnahme am Web Summit in Lissabon empfehlen – eine hervorragende Gelegenheit, Innovationen jenseits unseres eigenen Tätigkeitsbereiches zu entdecken. Unabhängig davon erkenne ich in der Hotellerie große Fortschritte, dank der rasanten Entwicklungen im IT-Bereich. Wir brauchen auch in Zukunft Dialog und Zusammenarbeit zwischen Hoteliers und Technologie-Anbietern – ein Forum, in dem Bedürfnisse und Lösungen aufeinandertreffen.