Fabian Rosenwick (Foto) ist CEO der zum Konzern H World International (Steigenberger Hotels) gehörenden Sourcify GmbH. Im Interview spricht er über digitalen Einkauf und seine Vorteile, den Start ins Jahr 2025, Wettbewerb und Künstliche Intelligenz.
Herr Rosenwick, Sie sind verantwortlich für die digitale Einkaufsplattform Sourcify, richten sich an die Hospitality. Wie funktioniert Sourcify?
Sourcify digitalisiert den Einkauf in der Hospitality. Wir definieren auf Wunsch des Kunden gemeinsam mit ihm die Prozesse, die er digitalisieren oder gar teil-automatisieren möchte, und stellen ihm anschließend ein auf seine Bedürfnisse zugeschnittenes Angebot zusammen – entsprechend der Größe des Unternehmens, der Zahl der User und der Lieferanten, und berücksichtigen dabei die gewünschten Workflows und Genehmigungsverfahren.
Welche Vorteile bietet die Plattform den Betrieben aus dem Gastgewerbe?
Unser System sorgt für transparente Beschaffungsvorgänge, ermöglicht einen Überblick über Bedarf und Einkaufsmengen und führt dadurch mittelbar auch zu besseren Konditionen, etwa infolge von Ausschreibungen. Aber auch im Bereich Randbedarf haben wir mit Amazon Business oder Unite (Mercateo) Lösungspartner. Dank (Teil-)Automatisierung lassen sich zudem Prozesskosten senken. Mit anderen Worten: Wir sorgen mithilfe unseres Spend Analytics Moduls für Durchblick und bessere Wirtschaftlichkeit im Source-to-Pay-Prozess, von der initialen Bedarfsanforderung bis zur Übergabe einer freigegebenen Rechnung an ein Buchhaltungssystem wie Datev oder SAP.
Sourcify ist Teil der H World International (Steigenberger Hotels): Ist das ein Vor- oder ein Nachteil im Wettbewerb?
In erster Linie ein Vorteil, weil wir gegenüber Dritten auf Branchenexpertise aus dem eigenen Haus verweisen können. Wir wissen, von was unsere Kunden sprechen und verfügen eben nicht nur über das notwendige IT-Know-how. So sind einige unserer Mitarbeitenden selbst Kinder der Hotellerie und des Einkaufs. Unsere Lösungen sind zu 95 Prozent abgestimmt auf die Bedürfnisse der Branche. Sicher gibt es vereinzelt auch Vorbehalte oder Befürchtungen, dass wir die Daten innerhalb des Konzerns an die Konzernmutter weitergeben könnten. Ich kann aber versichern, dass dies nicht der Fall ist. Wir haben für Sourcify unter anderem aus diesem Grund eine eigenständige GmbH gegründet. Niemand von H World International gelangt an die Daten unserer Drittkunden.
Wie zufrieden sind Sie mit dem Start ins Jahr 2025?
Sehr zufrieden. Und das, obwohl wir uns angesichts der gesamtwirtschaftlichen Situation Deutschlands in einer durchaus herausfordernden Lage befinden. Die Zahl der Betriebsschließungen und Insolvenzen in Hotellerie und Gastronomie steigt und sorgt natürlich für eine gewisse Beunruhigung. Dennoch machen wir mit Sourcify deutliche Fortschritte, etwa in Form unserer neu geschaffenen Lösungspakete Basic, Comfort und Enterprise (Anm.: www.sourcify.net), sowie dem Auf- und Ausbau unseres Sourcify Supplier Networks, mit dem wir Lieferantenanbindungen in kürzester Zeit ermöglichen.
Was ist Ihre Stärke im Wettbewerb?
Wir halten uns heraus aus den Themen Sourcing, Volumenbündelung und der Verhandlung von Einkaufskonditionen und fokussieren uns auf das Digitale, die Abläufe, die Prozesse, den Überblick. Das verschafft uns eine gewisse Alleinstellung. Was ich beobachte: Einige Marktbegleiter werben damit, durch Volumenbündelung bessere Einkaufspreise zu verschaffen. Doch den ins Feld geführten sogenannten Rückvergütungen gehen nicht selten ebenso üppige Aufschläge auf den ursprünglichen Einkaufspreis voraus und sorgen in einigen Fällen für Scheinvorteile. Unser Anspruch ist es ferner, dass der Kunde nur die „wahren Kosten“ für die Digitalisierung seiner Prozesse zahlt und nicht bestraft wird für die Zahl von Transaktionen oder das Volumen, das über eine Plattform gemanaged wird.
Inwieweit hat sich digitaler Einkauf in der Hotellerie durchgesetzt?
Die Hotellerie ist nach meiner Einschätzung bei 70 bis 80 Prozent dessen, was digital möglich ist. Die Branche hat die Digitalisierung spät für sich entdeckt beziehungsweise als notwendig für sich erachtet. Deshalb ist derzeit noch viel Luft nach oben. Ein Beispiel: Viele Betriebe lassen das Thema Ausschreibungen nach wie vor links liegen. Es werden weiterhin Mails mit Excel-Tapeten hin- und hergeschickt und Telefonate geführt. Prozesse wie Online-Ausschreibungen und -Vergabeverfahren, wie sie in anderen Industrien längst üblich sind, werden in der Hotellerie noch nachrangig behandelt. Das kostet Zeit und Geld. Auch im Bereich ESG (unter anderem Reporting) kann unsere Lösung unterstützen, was etwa die Lieferantenqualifizierung und -Bewertung mithilfe von Partnern wie EcoVadis oder IntegrityNext betrifft. Aber auch hier sehen wir teils noch eine abwartende Haltung des Einkaufs.
Wie erklärungsbedürftig ist Ihr System in der Anwendung?
Sourcify ist sehr einfach zu verstehen. Einige unserer Kunden brauchen zum Start nicht einmal ein Training, das wir selbstverständlich dennoch jedem Kunden anbieten. Unser System soll so nutzerfreundlich sein wie es die Platzhirsche im e-Commerce (eBay, Amazon, Zalando und Co) sind. Was uns viele unserer Kunden bestätigen. Ferner kooperieren die Top-Lieferanten der Branche sehr gerne mit uns, weil wir technologisch stets up to date sind und damit das Nutzererlebnis in den Vordergrund stellen.
Wenn es um Digitalisierung geht, ist zunehmend die Rede von Künstlicher Intelligenz (KI). Was halten Sie davon und inwieweit spielt KI eine Rolle im Einkauf der Zukunft?
Gegenüber dem Gast passiert eine ganze Menge – zum Beispiel mit Robotik im Service oder auch am POS. Wir sind in Sachen KI aktiv, beschäftigen uns mit der Frage, was wir aus vorhandenen internen und externen Datenquellen zum Vorteil unserer Kunden noch machen können. Da wird es künftig stetige Weiterentwicklungen geben. Etwa, um daraus bessere Prognosen für den Einkauf ableiten zu können und beispielsweise automatisierte Nachbestellungen auszulösen. Grundsätzlich möchte ich die Euphorie um das Thema KI aber auch etwas bremsen: Nicht überall, wo Künstliche Intelligenz draufsteht, ist sie auch drin. Manchmal reicht der Refresh-Button in einem Business-Intelligence- Tool und man denkt, es sei KI. Davon bin ich kein Freund.
Zur Person
Fabian Rosenwick ist CEO der Sourcify GmbH, die zum Konzern H World International (Steigenberger Hotels) gehört. Zuvor wirkte er national wie international unter anderem für Unternehmen wie Amazon und den Energie-Konzern Engie.

