Hotel: | Storchen, Zürich |
Zimmeranzahl: | 64 |
Kategorie: | Fünf Sterne |
Eröffnung: | 2017 nach Umbau fünften Stern erhalten (Gründung 1357; letzte Renovierung 2019) |
Test: | Januar 2025 |
Bezahlte Rate: | 727,00 CHF, inklusive Frühstück und Kurtaxe |
Vom Journalisten und Hotel-Tester Jens Rosenbaum
Die Königsklasse der Hotellerie wird in Zürich dominiert von Schwergewichten wie The Dolder Grand und Baur Au Lac. Wer in dieses Segment der Luxushotellerie vorrücken möchte, braucht nicht nur Punkte aus dem Kriterienkatalog zur Klassifizierung, Kapital für notwendige Anpassungen und das notwendige Personal, sondern auch einen Grund, warum man sich diesem scharfen und bisweilen erschöpfenden Wettbewerb stellt. Das Storchen in Zürich, über lange Jahre eines der besten Vier-Sterne-Superior Hotels der Schweiz, sah einen solchen. Viele neue Vier-Sterne-Hotels haben in Zürich die Luft in dieser Kategorie immer dünner werden lassen. Und so sah das Management seiner Zeit den Punkt gekommen, die Flucht nach vorne anzutreten. Denn erst mit dem fünften Stern erfolgt der Eintritt in den Wahrnehmungsraum der Luxusgäste – und damit die Möglichkeit zur Generierung ganz anderer Raten, vor allem in Zürich. Dieser Sprung erfordert Mut und wurde 2017 vollzogen. Wir wollten uns ansehen, wie das Storchen in der Königsklasse gelandet ist.

Zimmer
Gebucht wurde auf den Internetseiten des Hotels ein Riverside Queen Room, der mit einer Größe von 18 bis 25 Quadratmetern angeboten wird. Diese Raumgröße darf als bescheiden bezeichnet werden, doch sieht sich das Storchen auch als Lifestyle Boutique Hotel. Und pfiffige Architekten wissen oftmals zu zaubern – so weit so gut, so groß die Erwartung. Doch diesem Zimmer wohnte dann leider kein Zauber inne. So werden hier die Gäste, zumindest im getesteten Zimmer, mit einer Deckenhöhe von gerade mal knapp 212 Zentimetern begrüßt, wo man schon geneigt ist, den Kopf einzuziehen. Der Eingangsbereich hält zur linken eine Pantry, samt gut gefüllter Minibar, und parallel dazu den Kleiderschrank bereit und zur rechten das Bad, wobei beide Räume jeweils deutlich unter vier Quadratmetern aufweisen. Da müssen sich zwei Gäste schon gut koordinieren, um unfallfrei das Zimmer zu nutzen. Dem schließt sich das eigentliche Zimmer an, wo die Deckenhöhe immerhin auf 243 Zentimeter wächst. Die sonstige Weitläufigkeit des Raumes, sofern man bei etwas über 15 Quadratmetern Bodenfläche davon sprechen kann, büßt durch eine formidable Dachschräge im Zimmer aber gleich wieder ein. Auch dort gilt es den Kopf einzuziehen, wollte man von der linken Seite das Bett entern. Wer Hotels testet, prüft vorab genau alle Unterlagen, um dann möglicherweise Unterschiede zwischen Angebot und tatsächlicher Leistung festzustellen. Und hier passte das Vorgefundene, leicht an Dachschräge und Wandbild zu identifizieren, nur zu jener Zimmerkategorie, die im Internet und via Bild zwei Preisklassen tiefer angeboten wird, dem City Single Room. Und das im Internet gebotene Bild eines Riverside Queen Room, mit visuell deutlich mehr Raum, hatte nun gar nichts mit diesem Zimmer zu tun. Im falschen Zimmer gelandet? Nein. Nur nicht korrekt beworben. Dieser Dämpfer wurde weiter genährt durch eine mit zu viel Spiel schließenden Zimmertüre, Flecken auf dem Sofa, angerissener Husse beim Bett und beschädigter Sitzbank. Das lag in Summe deutlich unter den Erwartungen, zumal die letztgenannten Mängel den Gast gleich beim Betreten des Zimmers begrüßen. Aber wenn das Hotel dort nicht hinschaut – der Gast tut es.


Bett
Das Bett bot den Gästen je Liegeseite zwei Kissen plus Zierkissen sowie einen kleinen süßen Stoffstorch, der über das Thema Nachhaltigkeit hinsichtlich Wäsche informierte. Das Bett hatte bei einer Liegefläche von 160 x 200 Zentimetern eine Sitzhöhe von 56 Zentimetern, aber Obacht: Der Kriterienkatalog schreibt für den fünften Stern eigentlich eine Breite von 180 Zentimetern vor! Das Oberbett bot komfortable 200 x 210 Zentimeter mit einer Füllung aus Gänsedaunen und darunter eine 20 Zentimeter hohe, eher feste Federkernmatratze, leider ohne abnehmbaren Bezug. An dieser Stelle hätte die Bettbeschreibung auch enden können, doch Hotel-Tester sehen ja genau hin. Und so fand sich, vor dem Bett stehend auf der rechten Seite und etwas versteckt, eine Fernbedienung für eine motorisch verstellbare Unterfederung auf Basis eines Lattenrosts. Welch ein Luxus. Doch weder im Internet noch im Zimmer oder in der via Bildschirm zugänglichen Gästemappe gab es darauf einen Hinweis. Welch eine Verschwendung von Pluspunkten in der Gästewahrnehmung. Denn der normale Gast sucht nicht das Bett nach versteckten Optionen ab. Beim Bett hätte das Storchen nun also richtig punkten können, denn so ein verstellbares Bett ist etwas sehr Komfortables. Doch leider fehlte auch das bestellte zusätzliche Kissen. Zwar wurde im Rahmen der E-Mail-Konversation ein solches bestätigt: „Gerne wird unser Housekeeping Team ein orthopädisches Kissen für Sie im Zimmer bereitstellen.“ Aber leider nicht geliefert. Schade. Dass das Bett nur 160 statt der geforderten 180 Zentimeter in der Breite bot, wurde hier nicht mit aller Härte benotet, denn das Zimmer hätte für ein 180er Bett auch gar keinen Platz gehabt. Eine den faktischen Gegebenheiten angepasste Flexibilität in der Auslegung wird in diesem Fall zu keinem weiteren Abzug führen.


Bad
Hier wird auf den knapp 3,5 Quadratmetern alles geboten, was notwendig ist, aber auch nicht mehr. Wertig verarbeitet, aber der Zahn der Zeit arbeitet auch und so hatte der Spülkasten über der Toilette begonnen, sich aus der Verankerung zu lösen, während die Armaturen in der Dusche ihre intensive Nutzung nicht mehr zu verschleiern vermochten. Kleinigkeiten, aber unnötig. In Summe aber ohne weitere Beanstandung, wenn man von der Raumgröße absieht, die auch in Budget-Hotels geboten wird.


Hygiene
Wer meckern kann, muss auch loben können. Und hier hat sich das Storchen eine Eins mit Sternchen verdient. Im gesamten Zimmer wie auch beim Bett besticht das Hotel mit einer tadellosen Hygiene. Weit jenseits des Branchen-Durchschnitts, auch jenem der Fünf-Sterne-Kategorie, erzielt das Storchen mit 700 KbE beim Bett und 1.000 KbE für das Zimmer Bestwerte. Damit reüssiert das Haus nicht nur in der Hygieneklasse Eins, sondern verdient sich so auch einen CLEAN-SLEEPING-AWARD. Die optischen Mängel (Stichwort Flecken auf dem Sofa) sind Mahnung, am Ball zu bleiben, trüben aber nicht das objektive Gesamtergebnis dieser Test-Kategorie. Eine bravouröse Leistung.


Service
Fünf Sterne definieren sich nicht nur durch die räumlichen Komponenten oder jene, die über den Kriterienkatalog zur Klassifizierung abgearbeitet werden können. Es sind die Menschen, die einer Leistung rund um den Gast die besondere Note verleihen. Sie sind es, die den Unterschied machen zwischen Budget und Luxus. Leistung von der Stange oder individuell und maßgeschneidert. Und da rudert das Storchen noch etwas zwischen diesen Extremen. Es ist gut gemeint, den Gästen bei der Anreise ein Getränk samt Hot Towels zu bieten. Aber statt es einfach stumm und automatisiert auf die Rezeption zur Nutzung zu stellen, sollte doch vielleicht im Dialog mit dem Gast vorher dessen Neigung zur Anwendung geprüft werden. So auch bei der Abreise, um nur diese Beispiele hervorzuheben, neben dem vergessenen extra Kissen. So gab es im Nebenzimmer, in der letzten Nacht vor der Abreise, eine nächtliche Ruhestörung größeren wir längeren Ausmaßes. Und natürlich trägt das Hotel keinerlei Schuld am möglichen Fehlverhalten anderer Gäste. Aber wer um empfindliche Störungen der Nachtruhe seiner Gäste weiß, kann ja dies zumindest proaktiv ansprechen, sein Bedauern aussprechen und somit Interesse am Wohlergehen seiner Gäste bekunden. Hier aber musste der Gast auf diesen Vorfall hinweisen, der zwar sofort bestätigt wurde, aber, und nun kommt der zweite Fehler, auf keine einheitliche Linie im Personal traf. Während der Concierge seinem mit der Rechnungserstellung beschäftigten Kollegen den vernehmlichen Hinweis gab, doch mal zu schauen, was da für den Gast getan werden könne, spulte dieser nur sein Programm ab. Es geht hier nicht um Preisnachlässe. Es geht um Gäste, die im Luxussegment der Hotellerie Anteilnahme und Empathie erwarten. Und nicht Schema F.

Das sagt das Hotel
Frau Stephanie Meyer leitet erst seit September 2024 das Storchen, hat unverzüglich auf die Anfrage nach dem Test reagiert und alle Fragen ausführlich beantwortet. Die Sache mit dem Zimmer und den Bildern im Internet wurde etwas umständlich erklärt, aber offenkundig arbeitet nun das Hotel an einer Lösung und stellt neue Bilder ein. Bei einem Personalschlüssel von 164 Köpfen bei 64 Zimmer hat das Storchen ein solides Fundament und achtet nach eigenem Bekunden auf den Ausbildungs- und Qualitätsstand. Beim Housekeeping zeigte sich dies in der peniblen wie vorbildlichen Hygiene und zeugt davon, dass es sich auszahlt, wenn nur eigenes, festangestelltes Personal mit dieser wichtigen Aufgabe betraut wird. Daran gilt es festzuhalten.
Fazit & Empfehlung
Das Storchen hat den einzigartigen Vorzug sowohl einer grandiosen Geschichte sowie einer unvergleichlich schönen Lage am Limmat – besser geht es wirklich nicht. Daraus Kapital zu schlagen und sich mit dem fünften Stern neue Möglichkeiten zu erschließen war mutig und richtig. Wer solche Asse sein Eigen nennen kann, sollte sie auch nutzen. Bauliche bedingte Nachteile, die das Storchen im Vergleich mit anderen Häusern der Fünf-Sterne-Kategorie hat, es sei die Zimmergröße erwähnt, sowie andere Defizite lassen sich bis zu einem gewissen Grad mit Lage und Geschichte kompensieren. Aber eben nicht alle Defizite und schon gar nicht auf Dauer. Denn auch der Luxusgast weiß zu vergleichen und zum selben Zeitpunkt war das Baur Au Lac für 100 Schweizer Franken weniger im Angebot. Der nach Umbau 2017 vollzogene Eintritt in den Olymp der Hotellerie ist nun schon acht Jahre her und auch weitere Renovierungen aus 2019 kommen jetzt in die Jahre. Es besteht also Handlungsbedarf. Denn einmal oben angekommen muss man diese Flughöhe auch halten und das bedeutet, wie in der Sterne-Küche, jeden Tag die Leistung bringen, die Gäste aus diesem Segment erwarten. Und da kommt es gerade auf die Details an. Der Mut, in den fünften Stern zu investieren, erfordert jetzt die notwendige Konsequenz, auf diesem Niveau auch zu bleiben. Das Investieren in Ausstattung und Personal hört nicht auf. Und wie sich bei der Hygiene zeigt, weiß das Storchen zu glänzen und leistet hier Perfektion auf höchstem Niveau, was auch mit einer Auszeichnung geehrt werden wird. Diese Perfektion gilt es in allen Bereichen anzustreben. Das ist ein ewiger Weg, aber Störche sind ja bekannt für ihre Ausdauer.

