Sandra Rochnowski hat sich viel vorgenommen. Die Professorin der Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR Berlin) möchte ein Hotel-Rating für Nachhaltigkeit lancieren. Eines, das es in der Hospitality so bisher noch nicht gibt. Mit anderen Worten: Die Expertin will auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse für Transparenz sorgen. Wer redet nicht nur klug über Nachhaltigkeit, sondern handelt auch entsprechend? Das Rating soll darüber Aufschluss geben.
Zugrunde liegt eine detaillierte Analyse, die die Nachhaltigkeitsleistung des Unternehmens auf einer Skala einordnet. Allen Interessierten wird dadurch die Möglichkeit eingeräumt, nur Unternehmen/Hotelbetriebe zu berücksichtigen, die beispielsweise zu den besten zehn Prozent (sogenannter Best-in-Class-Ansatz) zählen.
Ein ebenso interessanter wie ambitionierter Ansatz, über den eine hochkarätig besetzte Expertenrunde im Rahmen der Weltleitmesse ITB in Berlin erstmals diskutierte. Die Runde kam zusammen bei der von Cost & Logis und der HWR Berlin veranstalteten und moderierten „Green Lobby“, die auf der ITB mittlerweile fester Bestandteil im Kalender ist. Der hochkarätig besetzte Talk ging unter anderem der Frage auf den Grund, inwieweit die Unternehmen der Branche einem Check ihrer nachhaltigen Bemühungen Stand halten.
„Nachhaltigkeit ist ein komplexes Thema. Wir werden sehen, wie die Hotellerie das Thema in den kommenden Jahren auf globaler Ebene angehen wird“, blickt Uta von Dietze, VP Commercial Performance EMEA von den Wyndham Hotels & Resorts nach vorn. Bastian Stuhke, Asset Manager Hospitality für Union Investment stellt fest: „Entscheidend ist das Zusammenspiel aller an der Sache Beteiligten. Wir als Hoteleigentümer fühlen uns mit unserer Manage-to-Green-Strategie auf dem richtigen Weg.“ Hakan Ardic, VP Hospitality & Mobility für Wirelane ist überzeugt, dass das Hotel-Rating für Nachhaltigkeit helfen wird, das Thema in der Branche voranzutreiben. Er weiß aber auch: „Die Hospitality hat noch einen weiten Weg vor sich. Jedes Unternehmen braucht in Sachen Nachhaltigkeit noch Hilfe und Aufklärung.“ Sandra Rochnowski, Professorin an der Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR Berlin) resümiert: „Die Green Lobby war top. Wir haben ein zukunftsweisendes Thema mit den richtigen Vertretern diskutiert. Und alle wollen dabei helfen, Fortschritte zu machen.“

Nachhaltigkeits-Ratings basieren auf ESG-Kriterien, die darüber Auskunft geben, ob analysierte Unternehmen Mindestanforderungen erfüllen. ESG-Kriterien sind Leitprinzipien für Unternehmen, Investoren, Institutionen und Kreditgebern. Sie sind die Basis für die Bewertung von Umweltauswirkungen, sozialer und gesellschaftlicher Folgen als auch zur Beurteilung der Unternehmensführung. Die Abkürzung ESG – Environmental, Social, Governance steht für die drei zentralen Anliegen der Nachhaltigkeit in der Finanzwelt und der Unternehmensführung. Sie werden immer häufiger als Basis für Investitionsentscheidungen herangezogen.
Um die Klima- und Energieziele der Europäischen Union (EU) zu erreichen, ist es notwendig, Investitionen in nachhaltige Projekte und Aktivitäten zu lenken. Zur Erfüllung dieser Ziele wurde 2020 die EU-Taxonomie-Verordnung (2020/852/EU) erlassen. Diese Verordnung etabliert ein einheitliches Klassifizierungssystem für nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten. Die EU-Taxonomie wird eine wesentliche Rolle bei der Umlenkung von Kapitalströmen in Richtung nachhaltiger Investitionen spielen und ist daher, wie im European Green Deal festgehalten, wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer klimaneutralen EU bis zum Jahr 2050.
Eine ganze Reihe von Maßnahmen soll sicherstellen, dass die Treibhausgas-Emissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent gegenüber dem Niveau von 1990 (Deutschland: -65 Prozent) sinken. Unternehmen, die zur nichtfinanziellen Berichterstattung verpflichtet sind, müssen bereits seit 2021 gemäß der neuen EU-Taxonomie Angaben zu ökologisch nachhaltigen Umsatzerlösen, Investitionen (Capex) und Betriebsaufwendungen (Opex) machen.