Die teilweise Freigabe von Cannabis – was müssen Arbeitgeber jetzt tun?

Die teilweise Freigabe von Cannabis – was müssen Arbeitgeber jetzt tun?

 

Liebe Leserinnen und Leser,

ETL ADHOGA freut sich, Ihnen die Kolumne „Alles was Recht ist“ zu präsentieren. ETL ADHOGA sind die Experten für Steuerberatung in Hotellerie und Gastronomie. Wir unterstützen über 1.400 Hoteliers und Gastronomen deutschlandweit, damit diese sich auf ihre Kernaufgaben konzentrieren können. Gemeinsam mit meinem Kollegen Rechtsanwalt Dr. Uwe P. Schlegel möchten wir Ihnen mit dieser Experten-Kolumne auch in rechtlichen Fragen zur Seite stehen. Wir geben wertvolle Expertentipps und Empfehlungen, klären Missverständnisse auf und zeigen Ihnen, wie Sie Probleme mit Verwaltungen sowie in der Praxis vermeiden können.

Es gibt gesellschaftspolitische Themen, die mit Leidenschaft und manchmal auch mit Hysterie diskutiert werden. Dazu gehört zweifelsohne die Frage, welcher Rausch, dem sich ein Mensch hingibt, legal und welcher illegal sein soll. Während der übermäßige Konsum von Alkohol bis hin zum alkoholbedingten Koma seit jeher altersunabhängig ohne strafrechtliche Sanktion bleibt, war das bei Cannabis bislang grundlegend anders. Das soll hier nicht weiter kommentiert werden. Wir beschäftigen uns an dieser Stelle in der Regel mit dem Arbeitsrecht. Wir fragen uns: Was müssen Arbeitgeber tun, nachdem der Gesetzgeber Cannabis (teilweise) legalisiert hat? Was machen wir, wenn wir einen kiffenden Mitarbeiter oder eine kiffende Mitarbeiterin haben? Das Thema Alkohol klären wir dabei – gewissermaßen im Vorbeigehen – ebenfalls.

Es gibt ein neues Gesetz und es ist nichts zu tun

Mit dem Cannabisgesetz, genauer mit dem Gesetz zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften, abgekürzt CanG (ganz genau: Gesetz vom 27.03.2024 – Bundesgesetzblatt Teil I, Nr. 109), hat der Gesetzgeber den privaten Eigenanbau durch Erwachsene zum Eigenkonsum sowie den gemeinschaftlichen, nicht-gewerblichen Eigenanbau von Cannabis in sog. Anbauvereinigungen legalisiert. Es ist am 1. April losgegangen (kein Aprilscherz!). Erste positive Erfahrungen zeigen, dass sich die Deutschen nicht gleich Anfang April kollektiv in einen Rauschzustand versetzt haben. Offenbar können die meisten Menschen mit der – aus strafrechtlicher Sicht betrachtet – gewonnenen Freiheit vernünftig umgehen. „So weit, so gut“, werden die einen sagen – „so weit, so schlecht“, die anderen. Der Autor dieser Zeilen enthält sich einer Meinungskundgabe. Es geht hier nur ums Arbeitsrecht bzw. die in der Überschrift der Kolumne aufgeworfene Frage. Und da lautet die Antwort unmissverständlich: NEIN, es gibt aktuell nichts zu veranlassen! Das gilt jedenfalls für den Grundsatz und die Ausnahmen dürften eng begrenzt sein. Natürlich fragen sich einige augenreibend: Warum ist das so? Warum müssen Arbeitgeber derzeit in aller Regel nichts tun? Was ist denn mit kiffenden Arbeitnehmern? Dürfen wir da tatenlos zusehen?

Warum nichts zu veranlassen ist

Wer jetzt hingeht und hektisch Arbeitsverträge umschreibt oder – noch schlimmer – Weisungen an seine Arbeitnehmer zum richtigen oder auch nicht richtigen Umgang mit Cannabis raushaut, der spricht über ein Problem, nämlich den möglichen Missbrauch einer Droge. Das heißt dann ja mittelbar, dass der Arbeitgeber davon ausgeht, wenigstens aber befürchtet, dass in seinem Betrieb unter Umständen sogar illegal Drogen konsumiert werden. Wer macht denn so etwas öffentlich? Entweder es gibt kein (Drogen-)Problem, dann sollte man auch keines heraufbeschwören, indem man überflüssige Vereinbarungen aufsetzt oder unsinnige Weisungen erteilt. Gibt es ein Problem oder besteht Anlass zur Sorge, dann muss man natürlich handeln. Das macht man aber üblicherweise diskret. So wie bei Alkoholikern auch. Es gilt der Satz: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht. Und wer sich partout über das neue Gesetz aufregt, der sollte – statt über arbeitsrechtliche Maßnahmen nachzudenken – lieber ein Gläschen Rotwein trinken oder – wenn es denn sein muss – einen Zug Haschisch…, äääh… an der Zigarette ziehen.

Und wenn ich doch einen habe, der hin und wieder kifft

Habe ich als Arbeitgeber einen Arbeitnehmer, der Cannabis konsumiert, haben wir möglicherweise eine neue Situation. Hier muss in einigen Fällen arbeitsrechtlich eingeschritten werden. Zur Beruhigung: Die Situation unterscheidet sich nicht allzu sehr von der eines Alkohol konsumierenden Arbeitnehmers.

Zuerst müssen wir eine wichtige Unterscheidung treffen. Trinkt bzw. kifft der Arbeitnehmer in seiner Freizeit, ist das arbeitsrechtlich in aller Regel ohne Belang. Selbst wenn der Arbeitnehmer einmal über die Stränge schlägt und sich nicht an die Vorgaben des Cannabisgesetzes halten sollte, ist das meistens ein arbeitsrechtlich „neutraler“ Vorgang. Denn was der Arbeitnehmer in seiner Freizeit legal oder auch illegal macht, berührt das Arbeitsverhältnis grundsätzlich nicht.

Zum Problem wird das Ganze erst dann, wenn sich die Folgen des Rauschmittels auf das Arbeitsverhältnis erstrecken. Absolutes No-Go: alkoholisiert oder augenscheinlich noch im Cannabis-Rausch befindlich auf der Arbeit zu erscheinen. Oder wenn der Drogenkonsum während der Arbeitszeit derart intensiv erfolgt, dass sich der Arbeitnehmer dadurch gewissermaßen selbst außer Gefecht setzt. Hier wird der Arbeitgeber in aller Regel gezwungen sein, arbeitsrechtliche Instrumente einzusetzen. Angefangen bei einer Abmahnung bis hin zu einer außerordentlichen und fristlosen Kündigung. Aber aufgepasst: Ein einmal abgemahntes Verhalten kann nicht zugleich als Kündigungsgrund herhalten. Es ist also immer zu prüfen, ob man überhaupt abmahnen sollte und nicht vielleicht sogleich eine Kündigung ausspricht – ordentlich und fristgemäß oder außerordentlich und fristlos.

Wenn es ganz schlimm kommt

Wenn es ganz schlimm kommt, haben wir es mit Alkohol- bzw. Drogensüchtigen zu tun. Diese Kategorie Arbeitnehmer ist in erster Linie zu bedauern, in zweiter Linie werden hier wiederum eine ganze Reihe von – auch arbeitsrechtlichen – Fragen aufgeworfen.

Zunächst: Die Alkohol- oder Drogensucht ist eine Krankheit. Im Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) bedeutet das, dass die arbeitgeberseitige Kündigung arbeitsrechtlich vor hohen Hürden steht. Nur im Kleinbetrieb (siehe dazu § 23 KSchG) kann die Kündigung durch den Arbeitgeber häufig rechtlich problemlos erfolgen. Die Kündigung sollte bei erkannter Drogen- bzw. Alkoholsucht grundsätzlich zügig erklärt werden. Erfahrungsgemäß bessern sich die Umstände leider nicht; Ausfallzeiten häufen sich, die Kosten für den Arbeitgeber steigen und am Ende braucht auch der Arbeitnehmer Abstand von einem aus seiner Sicht häufig zusätzlich stressenden Arbeitsverhältnis.

P.S. Der Autor muss bekennen, in seinem ganzen Leben nicht ein einziges Mal an einer Zigarette gezogen, geschweige denn Cannabis konsumiert zu haben. Wenn also der Vorwurf aufkommen sollte, hier würde jemand über ein Thema schreiben, von dem er mangels eigener Erfahrung keine Ahnung habe, stimmt das – aber auch nur solange es nicht um das Arbeitsrecht geht.

Erich Nagl – Ich erwarte Professionalität!

Als Betriebsleiter und Geschäftsführer war es für mich ein selbstverständliches Zeichen von Anstand, dass Mitarbeiter nicht vor Gästen geraucht haben. Noch nicht einmal in einer Diskothek, als man das noch durfte. Das würde ich auch heute noch so handhaben, egal ob Zigaretten, E-Zigaretten oder eben Cannabis. Gleiches gilt für Alkoholkonsum. Gäste erwarten von Mitarbeitern der Hotellerie und Gastronomie, dass sie sich professionell und respektvoll verhalten und ihren Suchtproblemen, falls vorhanden, entgegentreten. Der Ruf und die vom Gast empfundene Qualität eines Hotels hängt im Kern von dessen Personal ab. Professionelle Zurückhaltung kommt den Gästen und auch den Mitarbeitern zugute und verschont ihr Unternehmen vor einem schlechten Image.