Alles was Recht ist!

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Warum immer dieser Minijob?

Unsinn mit Methode

Was soll das?

Minijobs sind für betroffene Arbeitgeber teurer als ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis. Entscheidet sich der Minijobber dazu, Rentenversicherungsbeiträge zu leisten, verbleiben ihm derzeit von 520,00 Euro etwas mehr als 500 Euro netto. Der Arbeitgeber zahlt bei Gesamtabgaben von deutlich mehr als 30 % somit insgesamt beinahe 700 Euro. Ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis würde hingegen weniger als 25 % Abgaben für den Arbeitgeber mit sich bringen. Das hieße bei einem unterstellten Verdienst des Arbeitnehmers im Rahmen eines sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisses in Höhe von 521 Euro (= ein Euro „über dem Durst“) eine Gesamtbelastung für den Arbeitgeber von rund 650 Euro, mithin ca. 50 Euro weniger als beim Minijob. Und das bei ansonsten im wesentlichen identischen Arbeitsbedingungen.

Gleiches ist gleich zu behandeln!

Urlaubsansprüche hat der Minijobber so wie alle anderen Arbeitnehmer, nämlich mindestens vier Wochen im Jahr. Natürlich besteht ein Anspruch des geringfügig Beschäftigten auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz. Und die Kündigungsfristen unterscheiden sich beim Minijobber nicht von denen, die bei allen anderen Arbeitnehmern zu beachten sind. Die angebliche zeitliche Flexibilität des Minijobbers mag im Einzelfall tatsächlich gegeben sein, rechtlich ist sie aber nicht vorgegeben. Flexibel können aber auch Arbeitnehmer sein, die einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgehen. Hier hängt vieles von der Freiwilligkeit des Arbeitnehmers ab. Und das ist im Wesentlichen eine Frage des Charakters und nicht eine der sozialversicherungsrechtlichen Rahmenbedingungen eines Arbeitsverhältnisses.

Schließlich regelt § 4 Abs. 1 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes lapidar:

Ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer darf wegen der Teilzeitarbeit nicht schlechter behandelt werden als ein vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer, es sei denn, dass sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Einem teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer ist Arbeitsentgelt oder eine andere teilbare geldwerte Leistung mindestens in dem Umfang zu gewähren, der dem Anteil seiner Arbeitszeit an der Arbeitszeit eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers entspricht.“

Und das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat dazu erst jüngst entschieden (BAG, Urt. v. 18.01.2023 – Aktenzeichen 5 AZR 108/22):

Geringfügig Beschäftigte, die in Bezug auf Umfang und Lage der Arbeitszeit keinen Weisungen des Arbeitgebers unterliegen, jedoch Wünsche anmelden können, denen dieser allerdings nicht nachkommen muss, dürfen bei gleicher Qualifikation für die identische Tätigkeit keine geringere Stundenvergütung erhalten als vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer, die durch den Arbeitgeber verbindlich zur Arbeit eingeteilt werden.“

Was das Gericht damit sagen möchte: Wenn eine Kassiererin auf der Tankstelle als sozialversicherungspflichtig Beschäftigte 13,50 Euro brutto je Zeitstunde erhält und der Minijobber bei im Wesentlichen identischer Arbeit nur 12 Euro Mindestlohn, kann das einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung bedeuten. Also wieder kein Vorteil bei der Beschäftigung eines Minijobbers!

Was bleibt ist ein (scheinbarer) Vorteil des Arbeitnehmers

Zur ganzen Wahrheit gehört, dass der Minijob für den betroffenen Arbeitnehmer attraktiv sein kann. Das jedenfalls dann, wenn der Arbeitnehmer allein darauf aus ist, möglichst viel Netto vom Brutto zu bekommen. Das ist vermutlich der Grund dafür, warum so viele Arbeitnehmer im Zweitjob einer geringfügigen Beschäftigung nachgehen. Hier gibt es nämlich bis zu 520 Euro brutto gleich netto. Dabei darf der Arbeitnehmer allerdings nicht vergessen, dass er mit diesem zusätzlichen (Netto-)Einkommen so gut wie nichts für seine Altersvorsorge macht und so gewissermaßen in häufig jungen Jahren einen Teil seiner Rente „verfrühstückt“.

Brennpunkt Arbeitszeit

Wir sollten in diesem Beitrag noch kurz auf ein sehr bedeutsames arbeitsrechtliches Thema eingehen, nämlich die durch den Arbeitnehmer dem Arbeitgeber geschuldete Arbeitszeit. Beim sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ist die Sache klar. Da regelt der Arbeitsvertrag meistens unmissverständlich die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit sowie die Tage, an denen der Arbeitnehmer zur Arbeit eingesetzt werden kann. Bei Minijobbern hingegen finden sich häufiger so krude Formulierungen wie „bis zu zehn Stunden in der Woche“. Ganz schlimm wird es, wenn im Arbeitsvertrag mit dem Minijobber gar keine Arbeitszeit angegeben wird und stattdessen lediglich auf die Verdienstobergrenze von 520,00 Euro hingewiesen wird. Hier droht § 12 des schon oben erwähnten Teilzeit- und Befristungsgesetzes. Dort ist bestimmt, dass „im Zweifel“ von einer regelmäßigen Arbeitszeit von 20(!) Stunden wöchentlich auszugehen ist. Zweifel können dann aufkommen, wenn den maßgeblichen arbeitsvertraglichen Bestimmungen keine klaren Angaben zu der durch den Minijobber geschuldeten Arbeitszeit zu entnehmen sind. Und die Formulierung „bis zu zehn Stunden“ ist keinesfalls eindeutig, lässt eine solche Formulierung doch eine Arbeitszeit von null bis zehn Stunden in der Woche zu! In der Konsequenz droht hier die Annahme eines sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisses mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden. Den Prüfer der Deutschen Rentenversicherung (DRV) wird´s freuen, denn hier kann er erhebliche Beiträge kassieren.

Erich Nagl – Mini-Vorteil beim Minijob. Warum sich das Beschäftigungsmodell nur in Ausnahmefällen lohnt

Was bleibt mir zu sagen? Der Minijob ist teuer, wie mein Kollege Uwe Schlegel oben nachgewiesen hat! Finanziell, aber auch in Sachen Mitarbeitermotivation und Perspektive: Ob ein Minijob einen Mitarbeiter langfristig an einen Betrieb binden, ihn auch nur mittelfristig für die Arbeit in dem Hotel, dem Café, Restaurant usw. begeistern kann, darf zumindest bezweifelt werden. Eine materiell gesicherte Existenz wird sich der betreffende Mitarbeiter damit allein nicht aufbauen können, weshalb bei Minijobs von Natur aus eine hohe Fluktuation herrscht. Dass die Branche so etwas momentan gerade nicht benötigt, dürfte einleuchten.

Bei genauerer Betrachtung ist ein Minijob eigentlich nur dann ein sinnvolles Beschäftigungsmodell, wenn sozialversicherungspflichtige Beschäftigte nicht in ausreichender Zahl zu finden sind. Das ist leider Gottes in vielen Regionen Deutschlands aktuell der Fall. So bleibt allen Arbeitgebern die schwierige Aufgabe, die Arbeitsbedingungen in ihren Betrieben so zu gestalten, dass es für potentielle Arbeitskräfte attraktiv erscheint, eben dort zu arbeiten.

Für die absehbare Zukunft müssen die Unternehmen ihr Heil besser in besserer Dienstplanung suchen. KI-gestützte Systeme haben sich enorm positiv entwickelt und sind in der Lage, praxisgerecht zu entlasten. Tschüss Exceltabelle!