„Das Verlangen nach Reisen wird bleiben“

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„Das Verlangen nach Reisen wird bleiben“

Welche Relevanz hat das Metaversum für die Touristik?

Frank Trampert: Über die Zukunft des Metaversums, das physisches Leben und Online-Welt verbindet, gehen die Meinungen auseinander: 56 Prozent sagen, 2040 haben eine halbe Billion Menschen eine Applikation im Metaverse, zum Beispiel für virtuelles Lernen oder Gaming. Die andere Hälfte gibt dem Metaversum keine Zukunft.

Carolin Brauer: Das Metaversum ist futuristisch, aber nicht neu. Ähnliches gab es vor Jahren mit Second Life. Es ist ein Platz, um sich inspirieren zu lassen oder vorab virtuell in eine Destination oder Hotel zu reisen. Ich glaube aber nicht, dass das Metaversum die tatsächliche Reise ersetzen wird. Reisen bedeutet, mit allen Sinnen zu erleben.

Welche Rolle spielen Chat-Funktionen, Künstliche Intelligenz (KI) und Machine Learning (ML)?

Frank Trampert: Eine große. Deshalb investiert Sabre in KI und ML für Anwendungen im Helpdesk-Bereich. ML macht es möglich, dass die Chatbots Muster in der Kundenkommunikation erkennen und ermöglicht personalisierte Angebote. Die Antworten sind schnell und professionell, die Konvertierungsrate steigt – zum Vorteil für Hotelier und Gast. Um Gäste bereits vor der Anreise zu erreichen, hat Sabre eine E-Commerce-Plattform für die Hotellerie entwickelt – das Retail Studio.

Carolin Brauer: Das Retail Studio ist ein digitaler Hotelshop, in dem man auf der Hotel-Webseite neben gängigen Leistungen alles kaufen kann. Das wird dem Direktvertrieb extremen Aufwind geben und die Hotellerie unabhängig von den OTAs machen.

Frank Trampert: Das sehen wir auch so und investieren große Summen in die Weiterentwicklung der Direktbuchung, damit sich Gäste ihren Aufenthalt künftig individuell zusammenstellen können. Heute buchen Reisende meistens ein von den Hotels vorgefertigtes Paket. Aber wer kann selbst beim besten CRM-System immer wissen, nach was dem Gast im Moment der Buchung der Sinn steht?

Die Reiseindustrie setzt schon lange auf individuelle Zusammenstellung von Leistungen. Warum hat dies bei der Hotellerie so lange gedauert?

Frank Trampert: Weil die Hotellerie kompliziert ist und es früher technisch nicht möglich war. Gäste und Hoteliers sind inzwischen – beschleunigt durch die Pandemie – technisch affin und gewohnt, online zu kaufen.

Carolin Brauer: Während der Pandemie haben viele unserer Partnerhotels ihre internen Prozesse optimiert. Der Automatisierungsgrad ist binnen 24 Monaten von 45 auf 70 Prozent gestiegen. Das hat den Direktvertrieb forciert, der 2021 weit über den Umsatzzahlen der OTAs lag.

Wird die Blockchain-Technologie in der Branche Fuß fassen?

Frank Trampert: Wichtiger Einsatzbereich für die Blockchain wird meiner Einschätzung nach die Vertragsvalidierung sein. Natürlich kommt beim Abschluss einer Hotelbuchung im Prinzip ein Vertrag zustande. Die schiere Zahl der Transaktionen ist aber herausfordernd. Wir gehen deswegen vorerst nicht davon aus, dass die Blockchain die aktuelle Technologie in der Hotellerie ablösen wird. Auch Zahlungen mit Kryptowährungen sind ein Thema. Krypto wird längerfristig vermutlich weiter an Akzeptanz gewinnen, aber der Großteil der Konsumenten wird wohl weiter auf die gewohnte Bequemlichkeit der herkömmlichen Kartenzahlungen setzen. Daher rechne ich in nächster Zeit auch in diesem Bereich nicht mit einem massiven Einsatz von Blockchain-Technologie.

Carolin Brauer: Allerdings sind ja gerade in Deutschland persönliche Daten der heilige Gral. Vielleicht wird die Blockchain-Technologie hier wichtig, um die erforderlichen Sicherheiten zu geben.

Wie entwickeln sich Business- und Leisure-Travel sowie das MICE-Geschäft?

Frank Trampert: Nach zwei schwierigen Jahren ist der Nachholbedarf groß. Menschen sind bereit, für Reisen wieder mehr zu zahlen. Die Belegungsrate ist gleichbleibend, ohne großes Auf und Ab – ähnlich wie 2019. Aber die Hotelraten haben sich fast verdoppelt. Dieser Trend gilt weltweit bei allen Hotelkunden. Aufgrund der hohen Raten steigt aber auch die Erwartung der Gäste. Wir brauchen mehr Technologie und Personalisierung, damit wir verstehen, was die Kunden erwarten. Zugleich sehen wir einen schwierigen Arbeitsmarkt und große Personalprobleme. Auch hier hilft Technologie. Sabre hat in ein Unternehmen investiert, das auf Gastkommunikation spezialisiert ist. Auch in diesem Bereich kann man von uns Innovationen erwarten.

Carolin Brauer: Das Verlangen nach Reisen wird bleiben. 2020 war verhalten, 2021 war die Reiselust zurück. Erneute Belegungsrückgänge gab es mit steigenden Corona-Infektionen in den Wintermonaten. 2022 hat sich der Reisemarkt im Leisure- sowie Business-Segment erholt und die Übernachtungszahlen erreichen das Niveau von 2019. Allerdings sind die Kosten im Business Travel stark gestiegen. Hinzu kommen salonfähig gewordene Online-Meetings. Diese Umstände werden das Business-Segment auch 2023 und darüber hinaus beeinflussen: Meetings werden zweckgebunden stattfinden, Messen kürzer, verkleinert und zum Teil auch hybrid. Im Leisure-Segment konkurriert Deutschland wieder mit dem Ausland, denn Fernreisen sind wieder ohne große Einschränkungen möglich.

Frank Trampert: Europa boomt. Der Geschäftsreisebereich wächst signifikant. Unternehmen führen nach zweijähriger Pause wieder internationale Meetings durch. Ich denke: Man kann persönliche Beziehungen und Partnerschaften nicht durch eine virtuelle Welt ersetzen.

An welchen Produkten arbeitet Sabre?

Frank Trampert: Sabre ist Marktführer im Reservierungsbereich. Eines unserer wichtigsten Projekte ist das bereits erwähnte Retail Studio: Die Shopping-Welt für den Hotelgast. Einnahmen werden aus Zusatzverkäufen generiert. Der Fokus wandelt sich vom Zimmer zum Gast mit unbegrenzten Verkaufsoptionen. In diesem Jahr haben wir Nuvola übernommen, einen führenden Technologie-Anbieter für Gästekommunikation und hotelinterne Koordination. Mit Nuvola können wir unsere Strategie für Retailing und Merchandising stärken und unser Angebot im Property- und Aufgaben-Management ausbauen. Wenn Hotels immer mehr Produkte und Dienstleistungen anbieten, muss sichergestellt sein, dass der richtige Gast diese Angebote zum richtigen Zeitpunkt wie gebucht bekommt – mit den Lösungen von Nuvola begegnen wir dieser Herausforderung.

Als Global Premium Partner hat QR eine Schlüsselfunktion für SHS im deutschsprachigen Raum. Worin liegt die hohe strategische Relevanz von QR für Sabre Hospitality Solutions?

Frank Trampert: Speziell in Europa mit seiner Vielfalt an Ländern, Sprachen, Bedingungen und Gepflogenheiten brauchen wir starke Partner wie QR Quality Reservations, die den Markt und die Kunden kennen. Europäische Hotels setzen verstärkt auf Direktvertrieb. Technologie spielt dabei eine große Rolle, genau wie professionelle Beratung. Wir sind sehr glücklich über unsere lange und erfolgreiche Partnerschaft mit QR Quality Reservations.

Carolin Brauer: QR und Sabre sind wie Ying und Yang. QR ist eine Beratungsfirma. Wir brauchen eine dynamische, sich stetig weiterentwickelnde Vertriebstechnologie. Sabre mit internationalen Hotels weltweit entwickelt diese Technologie. Zudem partizipieren wir an globalen Marktinformationen und Trends, die wir von Sabre bekommen und für unsere Märkte und Hotels entsprechend interpretieren. Wir beziehen, implementieren cutting edge technology und betreuen unsere Hotels, damit sie im Online-Vertrieb erfolgreich sind.