„Corona hat auch in der Arbeitswelt viele Missstände schonungslos offengelegt. Die Krise bietet aber auch die Chance, neue Wege einzuschlagen – im Gastgewerbe muss das dringend passieren.“ Das hat der Vorsitzende der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) Guido Zeitler bei einer Veranstaltung seiner Organisation in Hannover gesagt und einen deutlichen „Appell zum Umlenken“ an die Arbeitgeber der Branche gerichtet.
„Viele Restaurants, Bars und Hotels dürfen zwar wegen sinkender Corona-Zahlen endlich wieder öffnen, aber sie finden leider häufig niemanden, der ihre Gäste empfangen oder für sie kochen möchte. In Zeiten der lang erhofften Corona-Lockerungen wird der massive Fachkräftemangel für das Gastgewerbe zum tragischen aber auch hausgemachten Dilemma,“ so Zeitler.
Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) und viele Arbeitgeber hätten jahrzehntelang zu wenig dafür getan, neue Fachkräfte auszubilden und in der Branche zu halten, so Zeitler: „Statt die Fachkräfte mit attraktiver Bezahlung zu binden, wurde auf Tarifflucht, Minijobs und prekäre Beschäftigung gesetzt. Die Hälfte der angehenden Köchinnen und Köche bricht ihre Ausbildung ab und sucht sich was anderes – das spricht Bände und muss sich ändern.“
In der Corona-Pandemie sei wegen der niedrigen Löhne das daran geknüpfte Kurzarbeitergeld für Köchinnen oder Restaurantfachleute viel zu gering ausgefallen. „Serviceorientiert, stark im Kontakt mit Kundinnen und Kunden und fleißig ohne Ende – die Beschäftigten aus dem Gastgewerbe werden in anderen Branchen mit Kusshand begrüßt.“ Dort fänden sie oft höhere Löhne und gesündere Arbeitszeiten vor. „Hunderttausende derer, die in Corona-Zeiten gehen mussten, werden dem Gastgewerbe auch in Zukunft fernbleiben.“ Die Branche und ihr Arbeitgeberverband müssten jetzt umlenken und in die Zukunft investieren: „Die Löhne müssen langfristig deutlich rauf, die Arbeitszeiten gesünder und die Ausbildung besser werden.“
Von der Politik forderte Zeitler erneut, bei den Wirtschaftshilfen für das Gastgewerbe auch die „ganz Großen in den Blick zu nehmen“ und sie „wirksam und mindestens mittelfristig kräftig zu unterstützen.“ Die aktuellen Hilfen seien nach oben gedeckelt, für große Hotelketten wie Maritim, Dorint oder Steigenberger seien sie so kaum mehr als „ein Tropfen auf den heißen Stein.“