Deutschland droht Altersarmut in einem größeren Ausmaß als bislang angenommen. Das befürchtet die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG). 12,8 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer würden – so, wie sie heute arbeiten – nur eine Rente unterhalb der staatlichen Grundsicherung bekommen. Und das, wenn sie nach immerhin 45 Berufsjahren in den Ruhestand gingen. Das sind bundesweit 42 Prozent aller Beschäftigten, die in Vollzeit, Teilzeit oder ausschließlich geringfügig arbeiten.
Die Schwelle für „Alters-Hartz-IV“ liege im Bundesschnitt bei aktuell 785 Euro im Monat. Dabei seien insbesondere die Kosten fürs Wohnen berücksichtigt, wie die NGG mit Verweis auf eine Renten-Analyse des Pestel-Instituts berichtet. Die Wissenschaftler haben dabei für die Gewerkschaft NGG amtliche Statistiken ausgewertet. Demnach könnte die Zahl armutsgefährdeter Rentner in Deutschland künftig noch deutlich steigen – nämlich dann, wenn die durchschnittliche Rente bis zum Jahr 2030 auf nur noch 43 Prozent des Einkommens abfallen sollte. Dann gäbe es mehr als 16 Millionen Menschen, die nach 45 Beitragsjahren bei einer Rente unterhalb der Grundsicherung landen, so das Pestel-Institut. Claudia Tiedge, stellvertretende NGG-Vorsitzende (Foto), spricht von „alarmierenden Zahlen“. Wer ein Leben lang gearbeitet habe, müsse später auch von seiner Rente leben können, betont sie: „Am Ende steht hier das Vertrauen in die staatliche Altersvorsorge und damit der gesellschaftliche Zusammenhalt auf dem Spiel.“ Die Bundesregierung hat eine Sicherung des Rentenniveaus bei 48 Prozent lediglich bis 2025 vereinbart. „Das reicht nicht aus“, so Tiedge. Die Große Koalition müsse das Rentenniveau längerfristig stabilisieren und möglichst anheben.
Zugleich sieht die NGG die Arbeitgeber in der Pflicht. „Klar ist, dass aus Mini-Löhnen keine Spitzen-Renten werden“, betont Tiedge. Gerade in Branchen wie dem Gastgewerbe und Bäckerhandwerk müssten viele Beschäftigte im Alter aufstocken. „Dabei haben Hoteliers, Gastronomen und Bäckermeister bei der Bezahlung durchaus Spielraum. Anstatt auf Aushilfen mit wenigen Wochenstunden zu setzen, sollten sie reguläre Vollzeitstellen schaffen – und zwar bezahlt nach Tarif“, so die Gewerkschafterin.
Gerade wer einen Teilzeit- oder Minijob habe, müsse sich auf einen „extrem mageren Rentenbescheid“ einstellen. Frauen seien davon besonders häufig betroffen. Sogar knapp 29 Prozent aller Vollzeitbeschäftigten haben nach Berechnungen des Pestel-Instituts aktuell einen Rentenanspruch von weniger als 1.000 Euro monatlich – nach 40 Arbeitsjahren.