Als „zynisch“ hat Guido Zeitler, stellvertretender Vorsitzende der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), den Vorschlag des Chefs der so genannten Wirtschaftsweisen zurückgewiesen, das Arbeitszeitgesetz sei veraltet und müsse vor dem Hintergrund der Digitalisierung flexibilisiert werden, um die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft zu gewährleisten. „Das Arbeitszeitgesetz ermöglicht bereits jetzt sehr flexible Arbeitszeiten“, so Zeitler und erinnerte daran, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Jahr für Jahr 1,8 Milliarden Überstunden leisten – die Hälfte unbezahlt. Laut aktuellem Mikrozensus arbeiten in allen Branchen bereits jetzt gut 4,1 Millionen Menschen an Sonntagen – 2,7 Millionen sogar nachts. Und 6,8 Millionen Beschäftigte sind zwischen 18 und 23 Uhr im Job aktiv. „Das ist flexibel genug und trägt übrigens auch dazu bei, dass Deutschland Exportweltmeister ist“, so Zeitler.
Die Folgen von Entgrenzung der Arbeitszeit und Verdichtung der Arbeit seien heute schon deutlich: Die Zahl der psychischen Erkrankungen steige seit Jahren. „Künftig 13 Stunden täglich an bis zu sechs Tagen pro Woche zu arbeiten – das lehnen wir entschieden ab. Es widerspricht auch allen Erkenntnissen der Arbeitsmedizin. Das Arbeitszeitgesetz ist ein Schutzgesetz. Und Gesundheitsschutz veraltet nicht! Das sollte auch der ‚Wirtschaftsweise‘ Christoph Schmidt wissen.“
Lange Arbeitszeiten an jedem Tag der Woche seien schon immer insbesondere für das Gastgewerbe typisch. Von den 2,2 Millionen Beschäftigten in dieser Branche gaben laut Mikrozensus 430.000 an, regelmäßig sonntags zu arbeiten, 370.000 weitere regelmäßig nach 18 Uhr. Zeitler: „Aufgrund dieser widrigen Arbeitsbedingungen gibt es bereits jetzt große Probleme, Fach- und Arbeitskräfte für das Gastgewerbe zu finden. Notwendig ist nicht die weitere Flexibilisierung der Arbeitszeit, sondern eine bessere Ausbildung und ein Richtungswechsel hin zu besseren Arbeitsbedingungen und gesunden Arbeitszeiten.“