„Wer unfair führt, fliegt raus“

Startseite » „Wer unfair führt, fliegt raus“
„Wer unfair führt, fliegt raus“

Alexander Aisenbrey ist nicht nur Geschäftsführer des renommierten Vier-Sterne-Hotels Öschberghof in Donaueschingen. Er ist auch Vorsitzender des Mitte 2016 gegründeten Vereins Fair Job Hotels. Cost & Logis sprach mit ihm über Philosophie und Ziele der Initiative sowie über Hindernisse auf dem Weg, die Ideen zu verbreiten.

Herr Aisenbrey, Mitte vergangenen Jahres haben Sie die Initiative Fair Job Hotels ins Leben gerufen. Wie fällt Ihre Bilanz rund zehn Monate später aus?

Unterm Strich dürfen wir zufrieden sein. Rund 60 Hotels haben sich unserer Initiative inzwischen angeschlossen, dazu kommen zahlreiche Anfragen. Dennoch würde ich mir etwas mehr Euphorie für unsere Idee wünschen. Faire Arbeitsbedingungen, angemessene Bezahlung, verträgliche Arbeitszeiten, Förderung von Talenten sowie Offenheit, Vertrauen und Respekt untereinander – das sind Ziele, die es sich anzustreben lohnt und dazu beitragen, die Arbeitsplätze in unserer Branche aufzuwerten. In Zeiten, in denen über zunehmenden Fachkräftemangel diskutiert wird, sollte das Thema für die Betriebe in der Hotellerie höchste Priorität haben. Den Eindruck habe ich leider nicht immer. Dennoch kommt die Sache ins Rollen. Wir haben jetzt einige großangelegte Aktionen gestartet, um für unsere Anliegen zu werben. Ich rechne in der Folge nochmals mit einer Anmelde- und Nachfragewelle, sodass wir die in Visier genommenen hundert Partnerhotels bald zusammenhaben dürften.

Woher rührt die von Ihnen beschriebene Zurückhaltung beziehungsweise fehlende Euphorie?

Das ist für mich teilweise unerklärlich. Was mich am meisten erstaunt: Selbst einigen renommierten, umsatzstarken Hotels ist unser Jahresbeitrag von 3.000 Euro – das sind gerade mal 250 Euro im Monat – zu viel. Ich frage mich, für was solche Häuser dann überhaupt noch Geld übrig haben, wenn nicht für eine Sache, die Ihnen in letzter Konsequenz die eigene Existenz sichert. Welchen Rückenwind Fair Job Hotels verleihen kann, möchte ich am Beispiel des Hauses deutlich machen, das ich selber leite: Wir suchen für den Öschberghof bis zur Neueröffnung des Hotels 120 Mitarbeiter. Wenn ich das Marketing für die Mitarbeitergewinnung nun bundesweit als Hotel allein stemmen müsste, würde der Großteil des Engagements verpuffen. Dank Fair Job Hotels haben wir eine Vielzahl von Bewerbungen bekommen. Ich verstehe deshalb so manche Kollegen nicht, die mir sagen: 3.000 Euro? Dafür habe ich kein Budget mehr. Mir fällt in diesem Zusammenhang auch auf, dass viele Direktoren heute im Gegensatz zu früher oft kaum noch etwas selbst entscheiden dürfen. Wegen Fair Job Hotels müssen sie dann zunächst die Zentrale anrufen, die über unsere Initiative oft nur bedingt informiert ist. Und von dort heißt es: Dafür geben wir kein Geld aus. Das macht mich wirklich fassungslos!

Trotz solcher Hürden: Wie viele Partnerhotels halten Sie mittelfristig für möglich?

250 bis 300 Hotels und rund 50 Partner aus der Industrie halte ich für realistisch. Wir konzentrieren uns in einem ersten Schritt, in der Aufbauphase, zunächst auf Vier- und Fünf-Sterne-Hotels. Die Direktoren der bisherigen 60 Partnerhotels kenne ich so gut wie alle persönlich. Von denen weiß ich: Sie passen zu uns, stehen tatsächlich für die Werte, die wir vermitteln wollen. Darauf können wir vertrauen und nur so funktioniert es. Kein Zertifikat, kein Siegel, kein Mystery Check könnte uns eine solche Auswahl gewährleisten. Wenn wir die Phase des Aufbaus, des Sortierens, Organisierens, Aufklärens hinter uns haben, dann werden wir uns in einem zweiten Schritt auch an Zwei- und Drei-Sterne-Hotels wenden und damit alle jenen vermeintlichen Kennern den Wind aus den Segeln nehmen, die uns als elitär bezeichnen, was wir definitiv nicht sind.

Welche Hindernisse müssen Sie künftig noch aus dem Weg räumen?

Wir haben es in unserer Branche nach wie vor mit einer großen Uneinigkeit hinsichtlich zentraler Themen zu tun. Es gibt eine Vielzahl von Verbänden, Vereinen, Organisationen, die ihre eigenen Ziele festlegen. In diesem Umfeld ist es nicht einfach, eine klare Linie durchzubringen.

Was passiert mit einem Partnerhotel, das sich nicht an Ihre Leitlinien hält?

Wer heute unfair führt, der fliegt aus unserem Verein morgen wieder heraus.

Die Initiative Fair Job Hotels

Am 13. Juni 2016 ging der Verein „Fair Job Hotels“ an den Start. Ziel ist es, mit anderen Hotels gemeinsame, verbindliche Werte und Standards für den Umgang in der Arbeitswelt zu setzen. Unter den Gründungsmitgliedern sind Hoteliers wie Dr. Caroline von Kretschmann, Geschäftsführende Gesellschafterin „Der Europäische Hof“ in Heidelberg, Ingo C. Peters, General Manager & Regional Vice President „Fairmont Vier Jahreszeiten“ in Hamburg, Cyrus Heydarian, Regional Vice President & General Manager „Breidenbacher Hof“ in Düsseldorf, Tom Cudok, General Manager „Hotel Esplanade Resort & Spa“ in Bad Saarow und Peter Messner, Direktor „Steigenberger Hotel – Der Sonnenhof“ in Bad Wörishofen. Wer mitmacht, verpflichtet sich zu folgenden Punkten:

1. Wir verstehen uns als faire Arbeitgeber.
2. Wir arbeiten stetig daran, die Bedingungen für unsere Mitarbeiter zu verbessern.
3. Wir gewährleisten eine faire Bezahlung.
4. Wir realisieren faire Arbeitszeiten.
5. Wir fördern Mitarbeiter entsprechend ihrer individuellen Potenziale.
6. Wir sind für alle offen.
7. Wir schenken Vertrauen und erwarten Selbstverantwortung.
8. Wir fördern und fordern Talente.
9. Wir bieten für viele Lebensmodelle die passenden beruflichen Herausforderungen.
10. Wir verstehen Fairness als Selbstverständlichkeit.